Demos gegen Rechts – Zuflucht zur Massenpsychologie?

Sönke Paulsen, Berlin

Viel frische Luft für die bürgerliche Linke, die sich jetzt schon am dritten Wochenende samstags in den deutschen Großstädten trifft, um ihr Mütchen gegen die AfD zu kühlen.

Eigentlich ist das zu begrüßen, denn es ist gesund und fördert den Gemeinsinn. Ob eine Demo gegen rechts in anderen europäischen Ländern denkbar wäre, ist allerdings fraglich. Denn letztlich sind es Demonstrationszüge für diese Bundesregierung und ihre Politik.

Die Franzosen, Niederländer und Spanier würden sich wohl lieber auf die Lippen beißen, als etwas Regierungskonformes zu sagen, geschweige denn für ihre Regierung auf die Straße zu gehen.

In Deutschland hat das aber durchaus Tradition, wenn auch eher im damaligen Arbeiter- und Bauernstaat, wo es hieß: „Heraus zu ersten Mai!“ Wehe, wer nicht mitging!

Das „Bravbürgertum“ wurde nach dem Zusammenbruch der DDR im Osten ziemlich deutlich abgeschafft und dort sind nun auch die Hochburgen der AfD, der eigentlichen Opposition im Land, gegen die nun demonstriert wird. In Worten:

„In Deutschland demonstriert man gegen die Opposition!“

Putin, der nach eigener Aussage, genau so wie viele Grüne und SPD-Politiker nichts gegen eine Opposition hätte, wenn sie denn „konstruktiv“ wäre, applaudiert innerlich und vergeht vor Bewunderung für dieses Deutschland. Denn bei aller Repression und Manipulation, bei all dem gutväterlichen Autoritarismus, den er im Land versprüht. Eines hat der russische Diktator noch nicht geschafft, dass die Leute zu Hundertausenden und freiwillig für seine Politik auf die Straße gehen! Das schafft jetzt eine Ampel-Koalition aus Deutschland, der die Wähler längst davon gelaufen sind. In der Sonntagsfrage zur Bundestagswahl kommen alle drei Parteien zusammen nur noch auf dreißig Prozent (30%!!!).

Wir gehen also davon aus, dass sich hier auf Deutschlands Plätzen eine gut organisierte Minderheit wirkungsvoll in Szene setzt. Anders ist das nicht zu erklären, wenn man das deutsche Mitläufertum nicht zur Begründung heranziehen möchte. Denn viele junge Leute, die hier mit auf die Demonstrationen gehen, sind verunsichert, vereinsamt und „brainwashed“. Einige brauchen auch einfach nur ein schönes Wochenendevent.

Ist nichts gegen zu sagen, schon allein wegen der frischen Luft und den vielen Leuten, die man da trifft.

Dennoch ist die kognitive Tiefe dieser Leute, zumindest verdachtsweise, nicht größer, als die von rechten Dumpfbacken. Ich möchte das mal so begründen:

In einer Talkrunde von Vorgestern zum Thema „Angst und Depression“, wie wir unser Gehirn in eine positive Richtung lenken können, brachte eine teilnehmende Medienwissenschaftlerin genau die derzeitigen „Demos gegen Rechts“ als positives Beispiel. Die Menschen die dort teilnehmen, würden für etwas Positives demonstrieren, eine Zukunftsperspektive aufzeigen und Gemeinsinn üben.

Ich habe mir da schnell noch ein paar Videos von den größten Demonstrationen der letzten Tage angeschaut und ein paar Reden angehört. Da ging es tatsächlich nicht um etwas Positives, sondern darum, die AfD als Neonazi-Partei dazustellen, Hass gegen Rechte und Aufrufe, Rechte zu entsorgen. was immer das heißen soll.

Die Zukunftsperspektive die sich daraus ergibt ist ein repressives gesellschaftliches Klima bis hin zu Einschränkungen der Meinungsfreiheit und der Gemeinsinn ist nichts anderes, als eine hochgradige, manipulative Massenpsychologie.

Schönen Dank. Aber genauso gehen Diktaturen vor, wenn sie denn ihre Bevölkerung gegen die Opposition auf die Straße bringen können. Wie gesagt, in Deutschland klappt das, in anderen Demokratien nicht. Zum Glück nicht! Sonst würden nämlich dreißig Prozent der Wahlbevölkerung den übrigen siebzig Prozent den Garaus machen.

Apropos dreißig Prozent. Hatten die Nationalsozialisten nicht auch mit dreißig Prozent unter noch demokratischen Verhältnissen angefangen und dann mit Massenaufmärschen eine scheinbare überwältigende Mehrheit suggeriert?

Wie auch immer. Im heutigen Deutschland ist es ja viel harmloser und die vielen linken Bürgerlichen auf den Demos brauchten dringend frische Luft.

spaulsen

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