Sönke Paulsen, Berlin
Die Peacemaker ist einer der ersten sechsschüssigen Colts, der in den USA produziert wurde. Nach dem gestrigen Wortgefecht zwischen Trump, Vance und dem ukrainischen Präsidenten, hätte es mich auch nicht mehr gewundert, wenn Trump Selensky plötzlich eine solche Waffe vor die Nase gehalten hätte. Die ganze Situation wirkte entgleist und treibt halb Europa in die Hysterie. Gibt es überhaupt ein Kalkül der US-Administration?
Der Name Putin fiel in dem Wortgefecht mehrfach und bewirkte eine deutliche Aufwertung des russischen Diktators. Insbesondere Trump verstieg sich zur Behauptung, dass Putin zwar Deals mit Obama und Biden missachtet haben mochte, einen Deal mit ihm, Trump, aber in jedem Falle einhalten würde. Es brauche also keine weiteren Sicherheitsgarantien für die Ukraine, implizierte der US-Präsident.
Das muss man nicht glauben, aber darum ging es vermutlich auch nicht. Für weitere Verhandlungen mit Moskau könnte dieser Eklat im Oval Office noch äußerst nützlich werden. Denn die US-Administration kann sich als Freund Moskaus präsentieren und jederzeit auf den störrischen Selensky verweisen, um gegenüber Putin Verhandlunspositionen durchzusetzen, ohne die man die Ukraine „nicht ins Boot“ bekäme. Das ist nach dem Eklat von gestern glaubwürdig in die ganze Welt verbreitet worden. Selensky will keinen bedingungslosen Frieden und riskiert dafür sogar den Bruch mit Washington.
Trump könnte sich nun in ungewöhnlich freundlicher Art und Weise mit Putin abstimmen, wie man die störrische Ukraine zum Frieden zwingen könne. In Wahrheit wird es einen Kompromiss geben müssen. Nicht, weil die Ukraine so stark ist und Russland nicht weiter angreifen könnte, sondern weil die gesamte russische Elite danach hungert, endlich wieder auf die Weltbühne zurückgebracht zu werden und zwar auf Augenhöhe mit den Amerikanern und am besten zusammen mit den Amerikanern.
Die Sanktionen abschütteln und die Isolation beenden. Darum geht es in Moskau. Natürlich den NATO-Weg der Ukraine zu beenden und sich so viel wie möglich einzuverleiben. Aber das ist inzwischen ein Ziel zweiter Kategorie im Kreml, fast schon überflüssig, wenn man die Amerikaner als Partner gewinnt.
Vergessen wir bei Allem nicht, wer der schwierige Verhandlungspartner für Trump ist. Wladimir Putin.