Möge die Macht mit uns sein

Sönke Paulsen, Berlin

Ich will ja nicht behaupten, dass diese Gedanken neu sind, ganz bestimmt nicht. Aber es hilft, sie von Zeit zu Zeit mal wieder zu äußern. Wir haben global vor allem zwei Probleme. Die Umweltbelastung und den Krieg.

Wer glaubte, dass eine multilaterale Welt irgendwie besser werden könnte, als die alte Aufteilung in zwei Machtblöcke zu Zeiten des Kalten Krieges, sieht sich getäuscht. Seit der Jahrtausendwende, so eine Studie der Bertelsmann Stiftung, die im letzten Jahr veröffentlicht wurde,  sind Autokratien auf dem Vormarsch und Demokratien auf dem Rückzug. Derzeit 63 zu 74, wie bei einem schlechten Basketballspiel, wobei 63 die Demokratien gegen 74 Autokratien stehen.

Besonders schlimm: Russland und China sind als Autokratien zunehmend härter geworden und müssen letztlich als Diktaturen bezeichnet werden, China ist von der Ein-Parteienherrschaft unter Xi Jin Ping zu einer reinen Monokratie geworden und Russland, das wissen wir ja inzwischen, hat mit Wladimir Putin einen waschechten Diktator, der gegen den Westen Krieg führt.

Womit wir zur eigentlichen Ursache der vielen Kriege kommen, die unseren Planeten belasten. Man könnte ja behaupten, dass die Wohlstandsversprechen des Westens mit der Gleichung, Demokratie gleich Wohlstand, zu oft enttäuscht wurden. Aber China lehrt uns gerade, dass man unter Wohlstandsbedingungen über eine Milliarde Menschen in die totale diktatorische Dystopie führen kann, ohne dass gemuckt wird.

In Russland dagegen könenn wir gerade beobachten, dass der Krieg für viele Familien ohne Wohlstandsaussichten zu einem „goldenen Zeitalter“geworden ist. Man muss nur ein oder zwei Söhne davon überzeugen, sich für je fünfzig bis einhunderttausend Euro an der Front verheizen zu lassen und schon geht es den Familien so gut wie nie. Die Lebensleistung ihrer getöteten Kinder wäre in jedem Falle niedriger ausgefallen! Diese unmenschliche Barbarei, zu der die Russen fähig sind, verschlägt einem die Sprache, ist aber Realität. Viele Russen freuen sich über diesen Krieg, weil sie so zu einem bescheidenen Wohlstand kommen. Ein toter Sohn ist praktisch wie ein Lottogewinn. Zynischer geht es wohl kaum noch?

Doch, es geht noch zynischer, weil in anderen Ländern in Südostasien die Mädchen verkauft werden und das regelmäßig. Gemeint ist nicht nur Prostitution sondern auch der Verkauf als Ehefrau und schließlich die lebenslange Ausnutzung dieser Frauen durch die erwerbende Familie. Auch hier wird fleissig Krieg geführt. Indien gegen Pakistan zum Beispiel. Natürlich auch aus weltanschaulichen Gründen. Aber immerhin behaken sich hier zwei Schwellenländer mit Atombomben und weit über einer Milliarde Menschen.

Was sagt uns das?

Wir leben auf einem Erdball, auf dem die meisten Menschen in archaischen Gesellschaften leben, in denen ein Menschleben seinen Preis hat. Damit ist klar, dass Menschen für einen bestimmten Preis geopfert werden. Unsere Vorstellung, dass ein Menschenleben unbezahlbar ist, können wir mal eben vergessen. Es ist bezahlbar und häufig recht billig zu bekommen. Das ist dieser archaische Merkantilismus der überall auf dem Erdball zu finden ist, mit dem wir eigentlich nichts mehr zu tun haben wollten.

Aber, wir sind ja schließlich auch bereit zu akzeptieren, dass Ukrainer, halb gezwungen, an der Front im eigenen Land sterben. Inzwischen gehen die Zahlen auch in der Ukraine in die Huntertausende. Zählt man die Russen dazu, die das Land angreifen, müssen wir wohl von über einer Million Toten ausgehen. Eine schreckliche Bilanz, die wir uns dadurch schön reden, dass in der Ukraine die Freiheit verteidigt wird. Nur eben nicht die Freiheit der Männer, die dort getötet werden. Oder sterben die etwa freiwillig? All das in einem Krieg, der sich durch die Ukraine wohl kaum gewinnen lässt und am Ende mit Gebietsabtretungen an Russland auf dem Verhandlungsweg beendet werden muss.

Russland führt diesen Krieg vor allem deshalb, weil sich die Machtelite durch den Demokratievirus, der aus dem Westen überschwappt, bedroht fühlt und auf gar keinen Fall ein russisches Brudervolk akzeptieren will, das in Freiheit und Wohlstand lebt, während der Rest vom Kreml, den Geheimdiensten und den Oligarchen mit Armut in Diktatur abgespeist wird. Putin weiß ganz genau, dass er den Krieg in erster Linie gegen die eigene Entmachtung führt und dafür immer mehr junge russische Leben kaufen und vernichten muss.

Ein Menschenleben fressendes Monster. Wie soll man es sonst ausdrücken?

Die Chinesen unterstützen dieses Monster, weil sie selbst die Demokratie auf Abstand halten wollen und darüber noch Expansionsgelüste haben. Taiwan ist dabei das Mindeste, was sich Xi auf die Fahnen geschrieben hat.

Indien ist indirekt mit im Boot, weil es Demokratie vor allem als straffreie Korruption adaptiert hat und sein Ständesystem die tragende Säule der Gesellschaft ist, neben der Unterdrückung der Frauen natürlich. Die Verwertung von Menschenleben im archaischen Stil wird nur etwas überpoliert und wer es zu Geld bringt, kann in dieses System einsteigen, auch wenn er eigentlich zu den Parias gehörte. Freiheit auf indisch. So weit zu dieser erschreckenden Atommacht, die Putin die Treue hält. Eine extrem labile „Borderline- Demokratie“, wenn man so will.

Bleibt der Islam, der zwar Menschenleben achtet, aber diese im heiligen Eifer gegen den Westen einsetzt und zwar, weil man ebenfalls der Demokratie entkommen will. Die gleich Bedrohung, wie sie in China, Russland, Indien und Nordkorea wahrgenommen wird, ist im islamischen Gürtel der Erde eben die Bedrohung durch die Ungläubigen. Deshalb will der Iran ja auch so dringend die eigene Atombombe haben. Nordkorea hat gezeigt, dass das schlimmste Regime der Welt wegen seiner Atombomben nicht angegriffen werden kann.

Wenn man sich das alles so mal wieder klar macht, fühlt man, dass es nicht gut ist, wenn große Machtvakuen entstehen, in die dann die Taliban der Welt einsickern und alles Menschliche zerstören.  Egal ob der Taliban nun Putin, Xi oder Kim heisst, von den echten Islamisten ganz zu schweigen. Es ist alles eine Soße. In einer Multilateralen Welt entstehen Machtvakuen, die möglichst schnell von anständigen Mächten gefüllt werden müssen. Nur, was wenn die USA nicht mehr anständig sind und die Europäer Schwätzer, die überhaupt keine echte Macht ausüben können?

Dann sind wir global verloren und es könnte sein, dass unser Planet in einem großen Krieg untergeht und eben nicht in einer großen Umweltkrise.

Im Moment sieht es danach aus, dass die Menschheit gescheitert ist. Überhaupt nicht gut.

Möge die Macht mit uns sein und der Verstand, endlich wieder mächtig zu werden. 

Vielleicht lässt sich noch etwas retten?

spaulsen

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