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Angriff auf die Welt – der „wahre“ Bond
Im Folgenden lege ich Ihnen, liebe Leser, eine Fortsetzungsgeschichte vor, die von dem berühmtesten Geheimagenten der Welt handelt, von James Bond. Ich weiß heute noch nicht, wohin diese Geschichte führen wird, bin mir aber sicher, dass diese Agenten-Story bitter notwendig ist.
In einer Zeit, in welcher der aktuelle Bond-Film („Keine Zeit zu sterben“) wegen eines chinesischen Virus nicht in die Kinos kommt und seit über einem Jahr verschoben wird, ist etwas faul. Deshalb brauchen wir James Bond so dringend, wie nie zuvor. Davon bin ich fest überzeugt.
Da Julian Assange weiterhin in dem Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh einsitzt und von allen Medien abgeschnitten wurde, wird er die wahre Geschichte, rund um das chinesische Virus und wie es die Welt in diktatorische Verhältnisse drückt, weder hacken noch veröffentlichen können.
Wir brauchen also Bond, der mit teilweise altmodischen, auch brachialen Methoden vorgehen kann und uns endlich Klarheit über den „Angriff auf die Welt“ verschafft. Ich hoffe das zumindest, weil ich noch nicht weiß, wie die Sache am Ende ausgehen wird.
Ich weiß es wirklich nicht!
Allerdings muss ich mich hier insofern korrigieren, dass aus Gründen des Markenschutzes, James Bond für meine Geschichte nicht engagieren darf. Dasselbe gilt für Q, M, Moneypenny und die ganze 00er Reihe von Agenten.
Ich habe mich also nach einem anderen Schauspieler umgesehen und bin auf Marcus Brand (kurz Marc Brand) gestoßen. Der Mann ist anders als Bond. Er ist älter und handelt überlegter, weniger draufgängerisch. Trotzdem ist er für knallharte Aktion zu haben und ebenso in der Geheimdienstwelt verwurzelt, wie James Bond.
Bereits nach den ersten Kapiteln der Geschichte, die ich mit Marcus geschrieben habe, ist er mir ans Herz gewachsen. Ich bin sicher, dass ich die gesamte Story mit ihm durchstehen werde und hoffe, liebe Leser, dass sie mir dabei Gesellschaft leisten.
Dafür biete ich Ihnen mehr als eine Story, denn ich werde am Ende jedes Kapitels Realität und Fiktion ziemlich engagiert auseinander nehmen und dokumentieren, was Fiktion ist und wo sie an die Grenzen der Realität rührt. Auch was tatsächlich Realität ist, werden Sie am Ende der Kapitel erfahren, so weit sie durch Recherchen zugänglich ist.
Es wird also eine spannende, fiktive Reise durch eine Realität, in der wir alle zur Zeit gefangen sind und die bestimmten Leuten Vorteile bringt, weshalb sie an der Schaffung dieser Realität erheblichen Anteil haben. Ich rede, in verklausulierter Form von nicht weniger, als dem Angriff auf die Welt, dem wir derzeit alle ausgesetzt sind.
Ich möchte jedenfalls erfahren, wie es dazu kommen konnte, wie die Welt sich dadurch verändert und möglicherweise absichtsvoll verändern soll und wer dahinter steckt.
Ein Land steht dabei im Mittelpunkt meiner Recherchen und dieser Geschichte. Ich spreche von China, das wir bei jeder Fortsetzung etwas mehr kennenlernen und fürchten werden. So viel kann ich schon einmal vorwegnehmen.
Die anderen Schauspieler, die ich engagieren konnte sind. Ein gewisser Chief, der Brands Vorgesetzter beim britischen MI6 ist, ein Mister Z, der ähnliche Aufgaben hat, wie Q in der originalen Bond Geschichte und eine bezaubernde Mrs Moneycent, deren Namensähnlichkeit zu Mrs Moneypenny in den Bond-Geschichten allerdings zufällig ist. Denn Moneycent hat es im Unterschied zu Moneypenny selbst zu einer Doppelnullagentin gebracht, die mit 00M abgekürzt wird. Außerdem gibt es eine Reihe anderer Agenten, die nicht durch Zahlen, sondern durch die Anfangsbuchstaben ihres Nachnamen abgekürzt werden. Mike Fetcher in Honkong ist dann also 00F. Einzige Ausnahme dieser Regel ist Marcus Brand, der als 00Y bezeichnet wird. Das Y soll dabei auf seine unwiderlegbaren männlichen Qualitäten hinweisen.
So, verehrte Leser, jetzt viel Spaß bei einer fiktionalen Reise durch unsere gemeine, globale Realität, auf der Suche nach den Schuldigen!
Disclaimer:
Müßig zu erwähnen, dass alle Namen in der Geschichte ausgedacht sind, außer die bekannter Firmen, Konzerne, Organisationen, Städte, Länder und Produkte, die ich in dieser Geschichte platziere, ohne dadurch Werbeeinnahmen zu generieren, was ich beim Bart meiner Mutter beschwöre. Das Lesen aller Kapitel, die ich hier veröffentliche, ist völlig kostenlos. Allerdings gibt es Schleichwerbung (aus Überzeugung) beispielsweise für den VW Golf. Es gibt aber auch Antiwerbung (aus Überzeugung) beispielsweise für Huawei Kommunikationselektronik. Es handelt sich in beiden Fällen um meine persönliche Meinung, mehr nicht. Sollte ich dennoch die Rechte von jemandem verletzen, bitte ich um eine Mittelung von betroffener Seite und tue mein Bestes auch ohne, dass es der Einschaltung eines Rechtsanwaltes bedarf. Wer mich einfach so abmahnen möchte, sollte auch wissen, dass ich eine ausgezeichnete Versicherung habe, die alle Ansprüche ziemlich genau prüft und bei ungerechtfertigten Abmahnungen, die eigenen entstandenen und nicht unerheblichen Kosten gegenüber dem Abmahner geltend machen wird. Somit also nicht unbedingt profitabel.
Schließlich noch ein Wort zu den Links am Ende jedes Kapitels, wenn es um die Realitätsprüfung geht. Für die übernehme ich keine Verantwortung. Wenn unter diesen Links ungesetzliches Zeug auftaucht, liegt es nicht in meiner Macht. Ich habe die Links beim Schreiben der erläuternden Texte nach bestem Wissen und Gewissen geprüft und diese für landläufig seriös befunden. Ich habe sie auch alle angeklickt und keinen erkennbaren Schaden dadurch erlitten.
Soweit das Rechtliche und jetzt das rechtlose erste Kapitel (für das ich aber bitte den eventuellen Nachdruck oder die Veröffentlichung an anderer Stelle trotzdem genehmigen möchte, wie für alle anderen Kapitel auch)!
Sönke Paulsen, Berlin d. 1.4.2021
Die Vorgeschichte – Wie es beginnt
Die britische Mutation des Virus, die zahlreiche Menschenleben kostet, erweist sich als besonders aggressiv. Der MI6 wird aufmerksam, als der Wissenschaftler Godfrey in der britischen Virusvariante eine RNA-Sequenz entdeckt, die nicht natürlich entstanden sein kann. Es handelt sich um ein Gen, das die Virusreplikation um einen Gigafaktor steigert und damit das Potential des Virus, zu mutieren, um das millionenfache gegenüber natürlich entstandenen Viren steigern kann.
Godfrey hat den Verdacht, dass es sich um eine chinesische Technologie aus einem verborgenen biologischen Waffenprogramm des chinesischen Militärs handeln könnte, über das es nur Gerüchte gibt und nimmt Kontakt zum MI6 auf.
Wenige Tage, nachdem Godfrey dem MI6 seine Ergebnisse präsentiert und den „chinesischen Verdacht“ geäußert hat, stürzt er in London aus einem, oben offenen, Doppeldecker-Bus und stirbt.
Marcus Brand der sich derzeit in einer Klinik bei Salisbury befindet, um dort seine Alkoholabhängigkeit zu behandeln, bekommt Besuch von seinem Vorgesetzten Chief. Er überrascht ihn in seinem Krankenzimmer, während der Geheimagent gerade dabei ist, eine junge Ärztin in die Kunst der Leibesvisitation einzuführen.
Betreten äußert Brand, beim Anblick seines Chefs, dass ihn sein Arbeitgeber nicht einfach mitten in einer medizinischen Behandlung stören könne, das sei gegen die Vorschriften. Chief entgegnet kühl, dass sein Krankenstand für England unterbrochen werden müsse. Brand sei wieder im Dienst. Die hübsche Ärztin lächelt bedauernd und 00Y wird mit einem Helikopter nach London ins Hauptquartier geflogen, das sich aus Sicherheitsgründen in einem stillgelegten Tunnel unterhalb der Themse befindet.
In dem dortigen schwefelig-feuchten Klima, bekommt er seine Aufgabe, den Tod von Godfrey aufzuklären und herauszufinden, was an dessen Verdacht einer synthetischen Viruskomponente, „Made in China“, dran sei.
Die hübsche Virologin, Melanie Bringuy, soll ihm helfen, sobald er eine heiße Spur hat und das feindliche Labor genauer untersuchen muss. Sie ist Spezialistin für virologische Replikationsmethoden. Außerdem bekommt Brand einen Chip in die Nase implantiert, der in kürzester Zeit jedes Virus, das er einatmet analysiert und die Ergebnisse an das Hauptquartier sendet.
Zuvor besucht Brand das virologische Institut des getöteten Wissenschaftlers Godfrey und macht eine irritierende Entdeckung. Dort arbeiten nur chinesische Wissenschaftler, die ihn ausgesprochen feindselig anschauen. Zwei Männer und eine Frau, die aus Hongkong stammen, der ehemaligen britischen Kronkolonie.
Die Frau, Tia-Nam, deren Vater ein englischer Geschäftsmann in Hongkong ist, steckt ihm unbemerkt eine Mikro-SD-Karte ins Jackett, als sie ihn, gut sichtbar für die anderen, unfreundlich aus dem Labor verweist. Ihre Lippen formen dabei lautlos die Worte: „Mein Vater.“
Brand liest in einem Café mit maskierten Menschen, welche ihre Masken nur zum Trinken abnehmen und dann wieder aufsetzen, die Karte über sein Smartphone aus und stellt, anhand der Fotos, fest, dass ihr Vater beste Kontakte zum chinesischen Geheimdienst zu haben scheint. Er ist dort in freundschaftlicher Umarmung mit dem Geheimdienstchef Wu zu erkennen, der dem MI6 bekannt ist. Wu gilt zugleich als der Pate von Hongkong, weil er dort die Korruption mitorganisiert und sich erheblich bereichert.
Am Abend wartet Brand auf Tia-Nam. Als sie das Labor verlassen hat, folgt er ihr und stellt sie zur Rede. Was weiß sie über den Tod von Godfrey und warum die Fotos? Die attraktive Halb-Chinesin verweigert aber jede Auskunft und verschwindet in einem Hauseingang. Brand verschwindet ebenfalls in dem dunklen Hauseingang. Hier endet die Szene.
Am nächsten Tag bekommt 007 einen Anruf von Chief, der ihm berichtet, dass es einen weiteren mutmaßlichen Todesfall im Umfeld von Godfrey gegeben habe. Eine junge Chinesin namens Tia-Nam, die nach Angaben einer Freundin in die Themse gestürzt und seitdem verschwunden sei.
Brand fliegt nach Hongkong.
Er will den Vater Tia-Nams überprüfen und hat bereits Kontakt mit dem MI6 in Hongkong aufgenommen. Am Flughafen erwartet ihn 00F.
Während der Fahrt zum Hotel werden sie durch eine Demonstration der Demokratiebewegung aufgehalten. Studenten halten Plakate mit der Aufschrift „Hongkong is the World“ vor die Seitenscheiben des Bentleys. Brand quittiert das mit einem ironischen Lächeln. Mike Fetcher (alias 00F) kritisiert Brand. Er solle nicht so überheblich sein. In Hongkong würde gerade geprobt, was stärker sei, der Demokratiewille der Menschen oder die Repressionen eines kommunistischen Überwachungsstaates. Brand tut interessiert: „Was ist stärker?“ fragt er seinen Kollegen. Fetcher räuspert sich „Zur Zeit ist es die chinesische Regierung in Peking.“ Brand nickt und will das Thema wechseln, aber 00F setzt nach.
Es habe seltsame Fälle von Erkrankungen unter diesen Studenten gegeben, die nach dem neuen Virus aussehen. Allerdings…Fetcher macht eine kurze rhetorische Pause und bekommt die Aufmerksamkeit von 00Y…allerdings sei das seltsam, denn alle diese erkrankten Studenten, waren kurz zuvor gegen das Virus geimpft worden.
Im Hotel angekommen erwartet Brand eine Nachricht von Chief. Der Geschäftsmann und Vater der verstorbenen Tia-Nam, Karl Klixfield, sei nach London, abgereist. Der MI6 habe 00M auf ihn angesetzt, die ehemalige Sekretärin von Chief, Moneycent, die inzwischen zur Agentin befördert wurde. Auch sie hat die Lizenz zu töten (mit den Waffen einer Frau natürlich).
Brand beschließt, in Hongkong zu bleiben und sich nach Wu dem Geheimdienstchef umzuschauen. Er hofft etwas über den Tod Godfreys und das manipulierte Virus herauszufinden, obwohl Wu, als Leiter des Geheimdienstes in Hongkong, eigentlich nur mit der Niederschlagung der Demokratiebewegung beauftragt ist, wie Fetcher bereits in Erfahrung brachte.
Mary und Bruce
Am Abend der Anreise klopft es an Brands Zimmertür. Brand öffnet die Tür mit gezogener Waffe und erblickt eine junge Frau, die sich als Studentin und Aktivistin zu erkennen gibt. Ihr Name ist Mary. Mary hatte ihn mit Fetcher, der ihr bekannt ist, weil sie ihn über die seltsamen Erkrankungen der Aktivisten informiert hatte, in das Hotel gehen sehen. Sie bittet Brand um Hilfe, weil sie glaubt, ihr ebenfalls erkrankter Bruder sei vergiftet worden. Die Ärzte hätten aber kein Gift nachweisen können, weshalb er mit der Diagnose „Viruserkrankung“ jetzt in seiner Studentenbude in Quarantäne sei. Es gehe ihm von Tag zu Tag schlechter.
Brand ist müde von der Reise und will Mary wegschicken, aber sie lässt nicht locker. Schließlich macht sie ihm unzweideutige Avancen, denen Brand nur widerwillig folgt. Er schiebt sie in einer freundlichen Umarmung zur Tür und verabschiedet sie mit einem schnellen Kuss.
Am nächsten Morgen will Brand Wu in seinem geheimen Hauptquartier aufsuchen, das der Secret-Service schon seit längerem kennt. Offiziell ist die chinesische Geheimpolizei in das ehemalige Metropark-Hotel an der Causeway Bay, mit seinen dreihundert Zimmern und einem einzigartigen Blick aufs Meer, eingezogen. Inoffiziell hat Wu aber noch ein Büro auf einem festliegenden Kreuzfahrtschiff im Victoria-Hafen von Kowloon. Dort befindet sich das Spielcasino eines bekannten Kreuzfahrtunternehmens, das auch für Wu recht einträglich zu sein scheint. Als Brand das Hotel verlässt und ein Taxi nehmen will, steht plötzlich Mary vor ihm und bittet ihn erneut, ihren Bruder aufzusuchen.
In Kowloon mit Mary und ihrem Bruder Bruce
Intuitiv, aber rational wenig überzeugt, gibt 00Y nach und steigt mit Mary in ein Taxi. Die Fahrt geht nach Kowloon einem dicht besiedelten Bezirk in Hongkong, in dem sich auch die City University befindet.
Einige Straßen dort sind für ihre Roof-Top-Slums bekannt. Wohnungslose haben sich auf den Dächern der Hochhäuser angesiedelt und dort ihre Hütten gebaut. Die Studenten der City University leben teilweise in diesen Hochhäusern in kleinen fensterlosen Wohnungen von acht Quadratmetern Größe.
Ein solches Wohnhaus betreten Brand und Mary. In einem beschmierten und dunklen Fahrstuhl geht es in die 27. Etage. Der Flur ist sehr lang und wird durch Lichter aus den anliegenden Mini-Wohnungen beleuchtet. Man hört Murmeln von Menschen und Husten, irgendwo schreit ein Säugling. Die Bewohner haben ihre Wohnungstüren weit offen stehen, um so eine gewisse Belüftung herzustellen.
Die Luft ist schwül und stickig, es riecht nach Essen, aber wenig appetitlich.
Brand fühlt sich unwillkürlich an einen Gefängnistrakt erinnert und merkt ironisch an, dass eigentlich nur noch die Gitter an den Türen fehlen würden. Mary hat in diesem Augenblick schon die Wohnung ihres Bruders erreicht und winkt 00Y heran.
Das Innere der Wohnung wird, wie ein sehr kleines Hotelzimmer im stark heruntergekommenen Zustand, vor allem durch das Bett ausgefüllt, vor dem ein Tisch steht, auf welchem sich Bücher und Papiere stapeln. Darauf fällt das Licht einer schwachen Glühbirne, die frei im Raum hängt. Ihr Bruder, Bruce, liegt apathisch auf dem Bett und begrüßt die beiden nur schwach.
Mary beugt sich sorgenvoll über ihn und fragt ihn, wie es ihm gehe. Brand steht immer noch an der Tür, will eigentlich den Raum nicht betreten.
„Ich bin geimpft worden“, sagt Bruce schwach, „danach ging es mir plötzlich schlecht. Ich glaube es war die Geheimpolizei, die haben da ein Gift. Anderen Aktivisten geht es auch so. Die Ärzte sagen, es sei das Virus, aber ich glaube das nicht. „Bruce studiert Medizin“, erklärt Mary zu Brand gewandt. Brand wirkt erstaunt, zieht die Augenbrauen hoch und scheint dann einen Entschluss gefasst zu haben.
Er tritt an das Bett von Bruce, der sein Gesicht verbirgt, und sagt ihm. „Ich bin auch „geimpft“, keine Sorge.“ Brand bittet Bruce ihn anzuatmen, wobei er etwas betont durch die Nase einatmet. Dann nimmt er sein Smartphone aus der Tasche und drückt auf „Senden“.
Der Analyse-Chip in Brands Nase, übersendet augenblicklich alle möglichen Virusinformationen aus der Atemluft des Erkrankten nach England. Brand setzt sich auf einen alten Hocker und fragt Bruce, ob er schon mit der Geheimpolizei Kontakt gehabt habe. Bruce lacht schwach und bestätigt. „Mehr als einmal.“
Brand zeigt Bruce die Fotos von Tia-Nams Speicherkarte und Mary schaut ihm über die Schulter, als sie plötzlich erschrocken aufschreit. Dann flüstert sie. „Das ist Wu zusammen mit Klixfield, einem wichtigen Unterstützer unserer Aktionsgruppen. Er finanziert seit kurzem die Demokratie-Bewegung“.
„Ein Großspender der Demokratiebewegung und ihr ärgster Feind,“ lächelt Brand, „sieht so aus, als wären beide die besten Freunde.“
In diesem Augenblick ertönt das Empfangssignal seines Smartphones. „Kein Virusnachweis! Ihre M.B,“ liest der Agent und gibt die Information sofort an die beiden Studenten weiter. „Tatsächlich kein Virus nachweisbar.“ Mary schaut 00Y ungläubig und erstaunt an.
Bruce lässt seinen Kopf mutlos ins Kissen fallen. “Also doch Gift“, stöhnt er, „ich werde sterben.“
Vom Flur hört Brand die Geräuschkulisse, chinesische Radiomusik, dazwischen Gemurmel das manchmal lauter wird, das Schreien eines Babys und manchmal lautes Schimpfen irgendwo aus einer dieser Zellen, die nur eine Tür als Fenster haben und aus denen elektrisches Licht den Flur erleuchtet.
In den letzten Minuten waren junge Männer in dunklen Trainingsanzügen vorbeigegangen und hatte verstohlen in die kleine Wohnung geschaut. Sie hatten alle eine gewisse Ähnlichkeit in ihren Bewegungen und dem Gesichtsausdruck, so dass der Agent wachsam wurde.
Plötzlich wird es draußen ruhiger, nur das Baby schreit und die Musik dröhnt weiterhin durch den Flur, aber Brands Gesicht spannt sich. Er hebt seinen rechten Zeigefinger und zeigt den beiden Studenten damit, dass etwas vor sich geht.
Brand zieht seine Walter PPK aus dem Schulterhalfter und stellt sich neben die Tür, als am hinteren Ende des langen Flurs ein aufgeregter Lärm entsteht. Mit einem Satz, seine Pistole im Anschlag, springt er in den Flur. In diesem Augenblick sieht er eine Gruppe Männer in besagter Trainingskleidung davon laufen, in entgegengesetzter Richtung der Lärmquelle, bei der es sich um eindringende Polizisten mit Absperrbändern handelt.
Ein Uniformierter trägt ein Megaphon und erklärt den Anwohnern, dass dieses Haus nun unter Quarantäne stünde. Keiner käme raus und niemand herein. Die Leute sollten ruhig bleiben. Die Polizei wird alle Bewohner testen.
„Wir müssen weg,“ ruft Mary Brand und Bruce zu.“ Sie werden uns sonst mitnehmen. Mister Brand“ sagt sie flehend, „bitte helfen Sie uns! Wir stehen auf deren Liste, sie werden uns verhaften.“
Bruce hatte sich inzwischen aufgerappelt und steht mit glühenden Augen, die von Angst bis Verzweiflung alles signalisierten, vor dem Doppelnullagenten.
Intuitiv fasst 00Y einen Entschluss. Er würde die beiden mitnehmen und wenigstens Bruce nach England schaffen. Der junge Medizinstudent könnte ein Mosaikstein in des Rätsels Lösung sein.
Wie groß dieses Mosaik am Ende sein wird, ahnt der Agent noch nicht.
„Aufs Dach“ ruft Bruce, der sich augenblicklich wie ein Aktivist verhält, „die Polizei kommt von unten.“ Er zeigt Brand das mittig gelegene Treppenhaus und die drei laufen hinauf in den dreißigsten Stock. Oben stoßen sie eine angelehnte Stahltür auf und stehen im Freien, begrüßt durch das Gackern einiger Hühner, die sich in einem Käfig neben ihnen befinden. Vor ihnen mehrere Reihen eng stehender Blechhütten, die kleine Gänge bilden, welche an ihren Enden in den Abgrund führen.
Bruce kennt den Weg durch die Roof-Top-Slums und steuert auf eine Brandleiter zu, die das ungleiche Trio mehrere Etagen nach unten auf ein weiteres Dach mit ähnlicher Bebauung führt.
In wenigen Sekunden haben sie das verfallene Treppenhaus erreicht und steigen hinab. Doch auch von dort kommt Polizei. Sie müssen umkehren.
Von diesem tiefer gelegenen Dach gibt es keinen einfachen Fluchtweg mehr und das Gebäude ist immer noch fünfundzwanzig Stockwerke hoch.
Eine der Blechhütten, deren ältere Bewohnerin sie misstrauisch beäugt, ist jedoch an die Fassade eines dritten Hauses angelehnt. Direkt darüber ein umlaufender Balkon, den sie vom Blechdach aus erreichen können.
Bruce ist geschwächt und Mary hat Angst. Brand zieht beide auf den Balkon auf welchem sie an die Vorderseite des Hauses gelangen. Von dort erkennen sie, dass der gesamte Häuserblock von der Polizei abgeriegelt wurde.
Eine häufige Maßnahme hier, erklärt Mary. „Die Polizei kommt ohne Vorwarnung und holt die Leute aus den Wohnungen. Die meisten werden nur getestet, einige aber nehmen sie mit. Sie kommen dann in einem ähnlich schwachen Zustand wieder, wie mein Bruder. Meist sind das Studenten.“
Brand der fieberhaft an einem weiteren Fluchtweg arbeitet, nickt abwesend.
Er blickt auf die Straße und betrachtet das Chaos der aufgeregten Menschen, die von der Polizei eingekesselt wurden. Dann dreht er sich um und wendet sich dem Eingang zum Hausflur zu. Er ist offen. Von der Decke hängt ein Hinweisschild mit einem aufgemalten, roten Kreuz.
Ein paar Meter weiter dann eine Tür zu einem kleinen Sanitätsraum.
Brand bricht die Tür auf und bedeutet den Geschwistern, ihm zu folgen. Aus einem Schrank nimmt er eine breite Verbandsrolle und fängt an, sich diese um den Kopf zu wickeln, so dass sein Gesicht fast darunter verschwindet.
„Ich bin der Patient,“ bemerkt er mit einem ironischen Grinsen in der Stimme. Bruce und Mary verstehen sofort und suchen sich zwei Kittel, Gesichtsmasken und sterile Kopfbedeckungen, die sie anziehen. Dann gehen die drei zum Lift und fahren in das Erdgeschoss des Hauses.
Es gelingt verhältnismäßig leicht vom Foyer über die Straße auf einen Krankenwagen zuzugehen, der außerhalb der Polizeiabsperrung steht. Man lässt sie passieren, ohne Fragen zu stellen.
Zu ihrem Glück ist der Wagen in diesem Augenblick unbesetzt und offen. Brand kennt den Wagentyp und weiß, dass das Zündschloss leicht zu knacken ist. Mit einem „scharfen Schlüssel“ an seinem Schlüsselbund, überwindet er den Widerstand des Schlosses in Sekunden und der Krankenwagen springt an. Mit aufheulender Sirene fahren sie davon.
Fortsetzung folgt
Hintergrund: Fiktion und Wirklichkeit
Cov-Sars2
Es gibt unterschiedliche wissenschaftliche Auffassungen, wo die Pandemie ihren Ursprung hatte. Die überwiegende Zahl der Autoren geht von China aus. Allerdings ist der Patient 0 in China nie sicher festgestellt worden. Er muss nicht in Wuhan auf dem bekannten Markt infiziert worden sein. Es gibt Hinweise darauf, dass bereits Wochen vorher in anderen Regionen Chinas das Cov-Sars2 Virus aufgetreten sein kann. Wuhan wäre dann der erste, mit Sicherheit bekannte Ausbruchsort der Pandemie, nicht aber zwingend ihr Ursprung.
Im Februar 2020 ging durch die Medien, dass das neuartige Virus keine Hinweise darauf bietet, dass es in einem Labor gezüchtet wurde. Es sei allerdings hervorragend an den Menschen als Wirt angepasst, was Fragen aufwerfe. Ein Nachweis einer Sequenz im Genom des Virus, die auf künstliche Manipulation hinweist (wie der Wissenschaftler Godfrey ihn in der Geschichte gefunden haben will) wurde nie erbracht.
Fakt ist aber auch, dass das „Wuhan Institute of Virology“ nicht nur über Jahre an Corona-Viren geforscht hat, sondern auch gefährliche Viren aus der Corona-Familie künstlich angezüchtet und gentechnisch verändert hat. Entsprechende Veröffentlichungen des Institutes in Fachzeitschriften weisen eindeutig darauf hin. Es handelt sich mindestens zum Teil um sogenannte „Gain of Function-Studien“, die eine erhöhte Replikationstendenz der Viren und damit auch eine Steigerung ihrer Gefährlichkeit beinhalten. Vor Ausbruch der Pandemie haben Wissenschaftler aus Wuhan tatsächlich diverse Fachveröffentlichungen zu diesem Thema gehabt. Danach allerdings nicht mehr.
Im Vorfeld des Ausbruches in Wuhan, soll es im Herbst 2019 eine Grippewelle unter Mitarbeitern des Institutes gegeben haben.
Verschiedene Veröffentlichungen bringen das Wuhan-Labor auch in Zusammenhang mit einem chinesischen Biowaffenprogramm, das wiederum grundsätzlich „Gain of Function“-Manipulationen an Viren und Bakterien beinhalten soll.
Nano-Chips
Der Einsatz von Nano-Chips ist nicht so fiktional, wie man im ersten Augenblick glauben möchte. Der Chip den Brand in die Nase implantiert bekommt, kann allerdings eindeutig zu viel für seine Größe. Es gibt Chips, die beispielsweise Diabetikern unter die Haut implantiert werden und den Blutzuckerspiegel bestimmen und dann auch senden können. Diese haben aber immer noch die Größe einer 1-Cent-Münze.
Wesentlich kleiner sind Nanobots (Nanoroboter), die biotechnologisch hergestellt werden und Molekulargröße besitzen. Passenderweise hat eine chinesische Arbeitsgruppe aus Peking einige Veröffentlichungen darüber. Geforscht wird daran aber auch in den USA, auch für das Militär. Hier gibt es Veröffentlichungen seit mindestens 2011, nach denen so genannte Nano-Drug-Transporter beispielsweise selbsttätig Morphine in den Körper von verletzten Soldaten abgeben sollen. Das Programm beschäftigt sich mit dem „Human Enhancement“ also der Leistungssteigerung von Soldaten, wobei es auch Forschungen gibt, wie man den militärischen Gegner mit Nanobots schwächen kann. Nanobots als Drugtransporter, sind also wenigstens in der Erprobung.
Die Vorstellung, dass Bruce, der Student und Aktivist aus Hongkong, um den Brand sich kümmert, mit Nanobots absichtlich infiziert wurde, die nun seinen Körper manipulieren, ist also alles andere als abwegig und keine wissenschaftliche Fiktion mehr.
Die Injektion der Nanobots erfolgte bei Mäusen intravenös, wie die erwähnte chinesische Arbeitsgruppe in ihrem Paper erklärt. Impfungen werden allerdings nicht intravenös verabreicht.
Insgesamt ist davon auszugehen, dass es neben der öffentlich-wissenschaftlichen Forschung in diesem Bereich auch eine nichtöffentliche industrielle und militärische Forschung gibt, die in nationaler Konkurrenz durchgeführt wird. Wir können also davon ausgehen, dass die internationale Öffentlichkeit hier nur die Spitze des Eisberges kennt. In sicherheitsrelevanten Bereichen findet sehr viel Forschung statt, die geheim gehalten wird.
Chinesische Geheimpolizei
Die Chinesische Geheimpolizei ist ein Teil der Gliederung des Ministeriums für Staatssicherheit in Peking. Das Ministerium verfügt über 12 Abteilungen (so genannte Büros). Außerdem eine Generalstelle, ein Politbüro und eine Parteikommission. Daneben gibt es ein Ministerium für Öffentliche Sicherheit, welches die Leitung der chinesischen Polizei darstellt. Außerdem gibt es den militärischen Nachrichtendienst der Volksbefreiungsarmee.
Die sogenannte Strategische Kampfunterstützungsgruppe mit der jüngsten Abteilung für elektronische Kampfführung und eine neue Abteilung für den Krieg im Weltraum. Beide Abteilungen sind aus der so genannten „Vierten Abteilung des Generalstabes“ unter der Leitung von General Que-Yong hervorgegangen und wurden seitdem mehrfach umstrukturiert.
Der militärische Nachrichtendienst wurde mit der „Einheit 61786“ für elektronische Kampfführung zusammengelegt, die wiederum den Kern der so genannten „Dritten Abteilung“ bildet und die Hauptabteilung für „Netzaktivitäten“ der Volksbefreiungsarmee darstellt. Ihr Leiter ist General Zheng, der zuvor Büro für „Friedenssicherung“ geleitet hatte. Ihr Hauptquartier befindet sich am Fuß des Yang-Gebirges, nördlich von Peking.
Beide Geheimdienste spielen in dieser Geschichte eine Rolle, wobei die Geheimpolizei, die man als den zivilen Nachrichtendienst mit umfassenden Vollmachten betrachten kann, ganz offen in Hongkongs Metropark Hotel an der Causeway Bay, mit seinen dreihundert Zimmern, residiert. Der starke Mann ist aber der Leiter des chinesischen Verbindungsbüros in Hongkong, Luo Huining, der seit einiger Zeit Mitglied im Zentralkomitee der Chinesischen KP ist. Luo Huining kontrolliert faktisch die Regierung von Carrie Lam in Hongkong.
Der Geheimdienstchef Wu in der Geschichte ist eine Mischung aus dem realen Luo Huining, der auf einer öffentlich zugänglichen Liste des amerikanischen State-Departements als Direktor des neu geschaffenen „Committee for Safeguarding National Security of the Hong Kong Special Administrative Region (HKSAR auf Grundlage des umstrittenen Sicherheitsgesetzes aus Peking)“ bezeichnet wird und einem fiktiven Geheimdienstchef, der die allgegenwärtige chinesische Korruption in den Behörden symbolisieren soll.
Auf die ausgeprägte Korruption weist auch das inoffizielle Büro Wu´s auf einem Kreuzfahrtschiff im Hafen von Kowloon hin, dessen Spielcasino in Hongkong berühmt ist. Sowohl das Schiff, als auch das Casino sind Realität, nur das Büro von Wu und dessen Einfluss auf das Casino ist erfunden, genau wie die Figur Wu selbst, der in der Geschichte als der Pate von Hongkong bezeichnet wird.
Volksbefreiungsarmee im Cyber-Krieg
Die chinesische Armee hat in den letzten Jahren technisch stark aufgerüstet. Ohnehin ist sie die Armee mit dem zweithöchsten Wehretat und den meisten Soldaten weltweit. Der chinesische Rüstungsetat der mit rund 260 Milliarden Dollar ein Drittel der amerikanischen Rüstungsausgaben betrug, ist kräftig auf Wachstumskurs (knapp 7 Prozent jährlich) und übertrifft die zweitgrößte Militärmacht der Erde, Russland, bereits um das Vierfache.
Die chinesische Hackerszene ist mindestens halbstaatlich, vergleichbar Russland, und befindet sich quasi im Krieg mit amerikanischen und europäischen Servern, die unter Dauerfeuer der Chinesen stehen. Der Cyberkrieg findet weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit statt und ist auch eine wichtige Domäne der „Dritten Abteilung“ der chinesischen Kampfunterstützungsgruppe sowie einiger „Büros“ des Ministeriums für Staatssicherheit, außerdem der chinesischen Industrie, die über Korruption, politische Übernahmen durch die Mächtigen der KP Chinas und offizielle Private-Public Partnerships eng mit der Regierung verknüpft ist.
Gearbeitet wird auch daran, ein unabhängiges, chinesisches Satellitensystem aufzubauen, das im Ernstfall auch gegen den militärischen Gegner eingesetzt werden kann und von diesem möglichst nicht manipulierbar ist.
Demokratiebewegung Hongkong
Die Idee, dass ein englischer Geschäftsmann (Karl Klixfield) in Hongkong die Demokratiebewegung unterstützt und zugleich beste Kontakte zur chinesischen Nomenklatura und auch zum Chef der chinesischen Geheimpolizei in Hongkong unterhält, ist frei erfunden.
Die einflussreichste NGO der Demokratiebewegung ist die „Civil Human Rights Front“, die an die fünfzig Mitgliedsorganisationen aus dem gesamten Spektrum der bürgerlichen Gesellschaft in Hongkong hat. Geld dürfte also nicht so sehr das Problem sein, auch wenn vor allem Studenten an vorderster Front stehen, die ja bekanntlich ständig unter Geldknappheit leiden.
Glaubt man den Medien wird jedoch reichlich gespendet und über Großspender ist nichts bekannt.
Die Frage, die mit der konstruierten Verbindung zwischen Wu und Klixfield in den Vordergrund rücken soll, ist die, ob die Demokratiebewegung nicht in Wirklichkeit den chinesischen Behörden in die Hände spielt. Denn die gesetzlichen Verschärfungen kommen immer im Gefolge großer Proteste, wie zuletzt im Jahre 2019 oder nach der versuchten Regenschirmrevolution 2014. China spricht dann von Umsturzversuchen, gegen die man sich wehren müsse, um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Mit jeder großen Aktion der Studenten, bekommt dieses Narrativ neue Nahrung.
Man könnte sich also vorstellen, dass Interessenten einer schnellen und vollständigen Eingliederung von Hongkong nach China die Demokratiebewegung eher unterstützen, solange sie den Vorwand liefert, den Prozess der Eingliederung zu beschleunigen. Dabei gibt es auch deutliche Absetzbewegungen in der Bevölkerung von der Demokratiebewegung, welche von den chinesischen Behörden und der Marionettenregierung Pekings, unter Carrie Lam, regelmäßig propagandistisch ausgeschlachtet werden. Diese Absetzbewegungen sind auch auf die Ängste zurückzuführen, die die Massenproteste bei den Hongkongern verursachen. Man sieht dort schon, dass diese Proteste die chinesische Machtübernahme nur beschleunigen. Es könnten sogar Provokateure im Dienst des chinesischen Regimes eine Rolle spielen.
Die Lage ist so schwer zu analysieren, weil sich weder die NGOs der Demokratiebewegung noch das Chinesische ZK in die Karten schauen lassen. Westliche Geheimdienstberichte sind hier, soweit öffentlich einsehbar, wenig ergiebig.
Die Frage, ob die chinesisch kontrollierte Regierung, Lam, so weit gehen würde, Aktivisten der Demokratiebewegung bewusst körperlich zu schädigen, ist indirekt schon beantwortet. Die Berichte, nach denen die muslimische Volksgruppe der Uiguren in chinesischen Umerziehungslagern als „Versuchskaninchen“ in der Impfstoffentwicklung benutzt wurden, nehmen in letzter Zeit zu. Davon wird in einem anderen Kapitel die Rede sein.
Aktuell gibt es aber keine Hinweise, dass Aktivisten in Honkong zwangsgeimpft oder gar infiziert wurden, wohl aber wurden viele von ihnen zwangsgetestet.
Corona-Pandemie in Hongkong
Hongkong hat lediglich moderate Zahlen während der Pandemie gehabt. Es gab bisher 10500 offiziell registrierte Infizierte und 180 Todesfälle im Zusammenhang mit Covid19. Die Behörden haben allerdings radikale Methoden beim Aufspüren von Infektionsherden entwickelt, die in ganz Hongkong gefürchtet sind, zumindest dort, wo ärmere Menschen wohnen.
Der Tagesspiegel berichtet aktuell von überfallartigen Abriegelungen ganzer Wohnblocks durch die Polizei. Die Leute werden dann auf die Straße geholt und getestet. Wer sich weigert wird verhaftet oder unter körperlichem Zwang getestet. Es werden drastische Strafen verhängt. Von der Regierung, Lam, wird mindestens ein unangekündigter Lockdown pro Tag angedroht. Die Menschen sollen ganz offensichtlich eingeschüchtert und verängstigt werden. Dabei ist es überhaupt nicht nachvollziehbar, wie eine Quarantäne, die dicht an dicht lebenden Hongkonger schützen soll. Vorzugsweise werden die Abriegelungen und Zwangstestungen in den dicht besiedelten Stadtgebieten mit alten Wohngebäuden, wie auf der Halbinsel Kowloon, vorgenommen.
Der Eindruck, dass die Pandemie auf diese Weise auch dazu benutzt wird, die Bevölkerung und unter ihnen die Aktivisten der Demokratiebewegung ruhig zu halten, besteht durchaus.
Roof-Top-Slums
Beengte Wohnformen gibt es in ganz Asien in den Städten. Das reicht von fensterlosen Ein-Zimmer-Appartements, die es auch in Tokyo häufig gibt, über die Kultur der „Wohnkapseln“, bei denen die Leute quasi in einem Wandschrank von zwei Quadratmetern in großen Wohnfluren leben, über komfortablere Kapsel-Hotels für Touristen bis hin zu den so genannten Roof-Top-Slums für Mittellose. Dabei handelt es sich um Hütten die auf den Dächern der Wohnhäuser, auch der Hochhäuser errichtet werden, wobei jeder Quadratzentimeter ausgenutzt wird. Die Behörden drücken vor allem in den sehr dicht besiedelten Bezirken, wie Kowloon ein Auge zu. In anderen Bezirken werden die illegalen Bewohner vertrieben und die Hütten abgerissen.
Dort, wo die Slums auf den Dächern stehen bleiben, werden sie zu pittoresken Hütten-Dörfern, die sich über mehrere Gebäude erstrecken und teilweise Verbindung zueinander haben. Alles in luftiger Höhe von bis zu dreißig Stockwerken.
Kapitel 2
Ein heißer Tag in Peking. Chi schwitzt unerträglich. Er weiß nicht, wie er den Schweißfluss, der unter seinen Achseln beginnt und über die Arme bis zu den Händen herunterläuft, stoppen soll. Die Augen brennen, so oft er sie auch mit seinem feuchten Taschentuch abtupft. Seine wenigen, verbliebenen Haare kleben in dicken, dunklen Strähnen an seinen Schläfen, aus denen es ebenfalls tropft.
Gleich wird er zum Vorsitzenden vom zehnten Büro gerufen und dann möchte er nicht in einem nassen Hemd, dessen Feuchtigkeit auch sein graues Jackett erfasst hat, vor ihn treten. Chi hat Angst, während er in einem der vielen Warteräume des klassizistischen Palastes sitzt, der eigens für das Ministerium für Staatssicherheit hergerichtet wurde. Der kleine Mann mit der fanatischen Ausstrahlung hat in diesem Augenblick sogar große Angst.
Chi ist ein fanatischer Mann, der den Untergang des Kommunismus in China fürchtet. Er ist stark motiviert, die Welt der kapitalistischen Staaten, die er als Kolonialisten sieht, zu schädigen. Aber gleichzeitig ist er ein Patriot, der sein Land im Globalisierungswettlauf auf dem ersten Platz sehen will. Er hofft, dass China, wenn es die Kontrolle über die Welt gewonnen hat, eine „silenced World under control of Beijing“ erzwingen kann. Er hat gute Kontakte zum 10. Büro der Staatssicherheit, das mit wissenschaftlich-technologischem Fortschritt im Dienst Chinas befasst ist. Gleichzeitig ist er aus seiner Zeit in der chinesischen Volksbefreiungsarmee gut vernetzt mit der strategischen Kampfunterstützungstruppe, die von General Li geführt wird.
Der kleine nasse Mann sitzt allein in einem Raum von etwa acht mal zehn Metern, in dem nur wenige Stühle stehen. Der Raum wirkt überdimensioniert, die Decken sind hoch und durch gerade Stuckaufsätze von den Wänden abgegrenzt. Der Stuck leuchtet goldfarben zu ihm herunter. Chi weiß, dass er versagt hat. Sein virologischer Geniestreich hat ein globales Desaster ausgelöst und ganz China steht unter Verdacht.
Was wird er dem Vorsitzenden sagen? Die Büchse der Pandora ist geöffnet und das Virus wird Mutation um Mutation entwickeln, mit der es die Welt über Jahre in Atem halten kann. Chi hat kein Gegenmittel, der Impfstoff kommt immer zu spät und alle Welt schaut auf China.
Ein Land in dem die Infektionsketten mit brachialer Gewalt gebrochen werden, in dem Menschen in ihren Wohnungen eingeschweißt werden, die man besser in ihren Wohnungen verhungern lässt, damit sie das Virus nicht weitertragen. Denn es gibt kein Mittel dagegen.
All das hat Chi auf dem Gewissen. Sein Kopf sinkt auf die Brust, dann rafft er sich wieder auf und denkt an den glorreichen Sieg Chinas über die Welt. Sein großartiges Land, hat die Macht gezeigt, die es hat, die Welt in die Knie zu zwingen, denn die Welt weiß, dass das Virus aus China kommt.
Die Welt weiß nur nicht, dass es von Chi kommt.
Natürlich wird der Vorsitzende ihn tadeln. Die wirtschaftliche Macht des Landes wird durch das Virus vielleicht sogar gebrochen. Der Vorsitzende wird sagen, dass dieses Virus Jahrzehnte der erfolgreichen, chinesischen Akquisition in Europa und den USA zunichtemachen kann. Aber der chinesische Markt mit seiner Milliarde Menschen ist viel zu groß. Niemand kann einen solchen Markt vom Welthandel ausschließen. Keine Sanktion könnte jemals wirksam sein. Darin würde ihm auch General Li beipflichten, dessen Waffenprogramm in Chi´s Labor große Fortschritt gemacht hatte. Chi ist stolz darauf.
Nein, man wird ihn nicht einfach bestrafen können, niemand wird ihm sein Labor wegnehmen. Chi wird weiterarbeiten können, da ist er sich in diesem Augenblick vollkommen sicher!
Eine Tür wird geöffnet. Jetzt werden sie ihn hereinbitten. Chi nimmt Haltung an. Ein uniformierter Mitarbeiter tritt in den Raum und macht eine Bewegung, als würde er mit dem Finger auf den Wissenschaftler zeigen. Ein heller Blitz, der aus einem dunklen Gegenstand kommt, ist das letzte, was Chi von dieser Welt sieht.
Noch am selben Tag tritt die Wissenschaftlerin und Expertin für biologische Kriegsführung, Mae-Chen, im Rang eines Generalmajors der Volksbefreiungsarmee, die Leitung des Labors an. Das Labor wird hermetisch von der Öffentlichkeit, auch der wissenschaftlichen Öffentlichkeit, abgeschottet. Sieben wissenschaftliche Mitarbeiter werden entlassen. Zwei von ihnen verschwinden spurlos, die anderen haben gelobt, zu schweigen.
Der Führungswechsel sei eine notwendige „Umstrukturierung“, angesichts der Bedrohung durch die Pandemie, wie ein chinesischer Pressesprecher es ausdrückt. Mae-Chen ist aber mehr Soldat als Wissenschaftler und soll das Labor wieder unter Kontrolle bringen.
Als die Pandemie in Wuhan ihren Ursprung nahm, war die Aufregung groß. Einige Mitarbeiter hatten es verlernt zu schweigen und mussten es wieder beigebracht bekommen. Das Schweigen, die chinesische Tugend, die vor allen Tugenden steht, ausgenommen vielleicht, der Gehorsam.
Letztlich wird es erforderlich sein, das Labor ganz zu schließen, aber wird dann die Weltöffentlichkeit nicht erst recht misstrauisch?
Die kleine La-Meng ist untergetaucht, nachdem sie verbreitet hatte, dass das Virus aus einem Labor käme. Diese Virologin würde Mae-Chen zu gern in die Finger bekommen, aber sie hält sich irgendwo in den USA, an einem unbekannten Ort auf.
Dann ist da noch dieser Gao, dieser Exil-Oligarch, der schon seit Längerem schlecht über ihr Land redet, die Korruption anprangert, die allgegenwärtig sei. Mae-Chen hasst die Korruption, aber Gao, dieses verlogene Plappermaul hasst sie noch viel mehr. Er hat eine Organisation, über die er auch La-Meng unterstützt, „Right of Law Society“, was soll das sein? Law-Society! Lächerlich!
La-Meng hatte ihre Studien von Hongkong aus publiziert und war danach aus China geflohen. „Hongkong, verdammtes Hongkong,“ denkt Mae-Chen, während sie die Unterlagen ihres Vorgängers durchgeht, „das werden wir schon säubern, genau wie dieses Labor!“
Mae-Chen hält es für Schlamperei, dass das Virus aus dem Labor entkommen ist. Sie ist Expertin für Biowaffen und kennt das chinesische Programm, das in Wuhan beforscht wurde. Ihr ist klar, dass das Virus eine Waffe ist, aber sie verschwendet keinen Gedanken darauf, dass das Virus bewusst freigesetzt worden sein könnte. Sie ist eine chinesische Wissenschaftlerin mit hohem militärischem Rang, keine Kriminelle.
Flucht aus Hongkong
Brand ist mit seinen beiden Schützlingen nur wenige Straßenecken weiter vom Krankenwagen in die Metro umgestiegen. Bruce wirkt schwach, sein Gesicht sieht grau aus. Mary sitzt angespannt neben ihm. Brand steht und beobachtet bei jeder Einfahrt die Bahnhöfe. Noch im Krankenwagen hatte er Fetcher kontaktiert, der ihnen davon abgeraten hat, in das britische Generalkonsulat zu gehen, das nicht weit vom Metropark-Hotel liegt, in dem die chinesische Geheimpolizei ihr Hauptquartier hat.
Stattdessen fahren sie nach Norden zur Diamond Hill Station, wo Fetcher auf sie wartet. Die Metro-Station ist weitläufig und bietet in allen Richtungen Fluchtmöglichkeiten. Oben wartet 00F in einem Taxi, das sich schnell in Bewegung setzt und den Highway nach Süden nimmt.
In wenigen Minuten sind sie im Jachthafen von Kwun-Tong. Fetcher steigt mit den beiden Aktivisten aus. Brand fährt mit dem Taxi weiter. Er hat noch etwas vor.
Die Nachmittagssonne hat die Stadt bereits erheblich erhitzt und die Bewegungen der Menschen auf den Straßen sind langsamer geworden, als am Morgen dieses Tages, an dem überall heftiges Getriebe war. Während Bruce und Mary direkt in den kühlen Hafen laufen können, um dort mit 00F auf einer Motoryacht zu verschwinden, fährt Brand die Seitenscheibe seines Taxis herunter, um etwas mehr Luft zu bekommen.
Das Taxi steuert den Victoria-Hafen von Kowloon an. Brand hofft, Wu dort zu finden. Der Quai ist typisch touristisch. Von dort fahren Schiffe aller Art, auch Kreuzfahrschiffe, wie die Princess Jang, die allerdings bereits seit Jahren dort festliegt und deren Casino eine Touristenattraktion ist. Das Schiff wird von der Reederei im betriebsfähigen Zustand gehalten, denn die Liegegebühren im Hafen sind extrem hoch. Sollte das Geschäft mit dem Glücksspiel einmal einbrechen, wird die Princess wohl ihre letzte Fahrt auf eine Abwrackwerft unternehmen. Aber derzeit läuft es noch.
Brand kann das Schiff ohne Umstände betreten und im Casino ist bereits Betrieb, obwohl es noch nicht Abend ist. Automaten, Spieltische und Bars wechseln sich ab. Brand bestellt sich einen Martini „extra dry“ und beginnt ein Gespräch mit dem Mädchen an der Bar. Er beobachtet dabei eine aufgeregte Auseinandersetzung zwischen einem Gast in kurzen Hosen und einem Sicherheitsmitarbeiter. Der Gast hat ein stark gerötetes Gesicht und wird laut. Er wolle den Manger sprechen.
Brand weiß, dass nun Verstärkung kommen wird und beobachtet die Situation ebenso beiläufig wie aufmerksam. Aus einer Schwingtür, im hinteren Bereich kommen drei Männer in billigen, dunklen Anzügen. Sie komplimentieren den lauten Touristen vom Schiff. Sie zeigen das typische Verhalten von Sicherheitsleuten aus dem nicht ganz seriösen Milieu. Brand ist klar, dass Wu hier seine Leute hat, für die er Schutzgeld kassiert.
Er entschuldigt sich kurz bei dem Mädchen, tut so, als suche er die Toiletten. Unbemerkt verschwindet er dann hinter der Schwingtür, die zu einem Gang führt, welcher in einem Treppenabgang endet. Schnell und leise steigt er hinab und steht vor einem kleinen Speiseraum in dem offensichtlich geraucht wird.
Brand öffnet die Tür und tritt in den Raum. Mehrere Männer springen sofort von ihren Stühlen auf und treten ihm entgegen. Dahinter sieht Brand einen dicken Chinesen, der an einem reichlich gefüllten Tisch diniert.
Wu sitzt allein am Tisch und macht eine abwehrende Bewegung, so als wollte er eine Fliege verjagen. Die Männer packen Brand, der laut und vernehmlich sagt: „Ich will Wu sprechen.“
Noch einmal schlägt Wu nach dem nicht vorhandenen Insekt und die Männer lassen von Brand ab. „Wer sind Sie, was wollen Sie,“ fragt der kleine Chinese mit vollem Mund, ohne Brand anzusehen. Er hat viel mehr Augen für eine attraktive Languste, an der er sich mit seinem Besteck zu schaffen macht.
„Mein Name ist Brand, Marcus Brand.“ Nach einer kurzen rhetorischen Pause. „British-Secret-Service.“ Die Männer ziehen, wie auf Befehl, augenblicklich ihre Waffen und Wu dreht sich zu Brand um. “Soll das ein Witz sein?” Brand gibt einem der Männer seinen alten Dienstausweis, der ihn an Wu weitergibt. Der studiert ihn auffällig gründlich, hält ihn sogar gegen das Licht.
Dann grinst er. „Der MI6 weiß wohl immer, wo ich zu finden bin und jetzt besucht er mich sogar.“ Wu lacht kurz. Die Männer halten immer noch ihre Waffen auf Brand gerichtet.
Brand lächelt. „Ach, ich will Ihnen doch nur ein paar Fotos zeigen…“ Brand greift in seine Jackentasche und holt ein, nicht aktiviertes, Smartphone heraus, während es um ihn herum laut und vernehmlich klickt. Alle Waffen sind jetzt schussbereit, aber Wu winkt ab.
„Durchsucht ihn und gebt mir das Handy.“ Die Männer interessieren sich kaum für Brands Waffe. Sie wird herausgenommen und auf einen Tisch gelegt. Die Leibesvisitation ist nicht angenehm, denn man sucht nach einem Sender und geht dabei sehr gründlich vor.
Währenddessen betrachtet Wu das Foto.
„Und?“
„Ein Freund,“ fragt Brand?
Wu antwortet nicht. Die Männer sind immer noch an Brand dran, der sie gewähren lässt. „Schuhe aus“ befiehlt ein ziemlich groß gewachsener Chinese mit breiten Schultern und auffällig starker Behaarung. Brand streift seine Slipper ab und behält Wu im Auge, der versonnen auf das Handy schaut. Etwas zu lange, wie Brand findet.
Dann wird Wu ungeduldig. „Werden sie endlich deutlicher.“
„Die Tochter von Klixfield wurde in London ermordet,“ sagt Brand scharf. „Eine Virologin, sie hat das Virus analysiert. Der Leiter des Labors wurde ebenfalls ermordet.“
Brand beobachtet Wu´s Reaktion sehr genau. Er wirkt erstaunt und etwas verärgert. „Mister Brand, warum belästigen Sie mich mit Dingen, die in London vor sich gehen und stören mein Dinner? Nur wegen eines harmlosen Fotos?“
„Nein“, entgegnet Brand sofort und sehr scharf, „ wir denken, dass Sie es waren!“
Wu zuckt, aus seinen schwarzen Augen sticht ein kurzer Blitz in Richtung des Agenten, dann lehnt Wu sich zurück und gibt sich gelassen, fast generös.
„Sie sind nicht dumm, aber auch nicht besonders klug.“
Wu steckt sich eine Zigarre an und bläst einen blauen Ring in Richtung Decke.
„Sie suchen mich hier auf, nicht im Hauptquartier. Sie stellen mir nach und konfrontieren mich mit einem, sagen wir, Vorwurf. Keine offizielle Anfrage, nein. Ein Marcus Brand kommt auf mein Schiff und zeigt mir ein Foto. Das Dumme ist nur, dass ich nicht weiß, wovon Sie reden. Nichts davon ist mir bekannt. Das ist alles.“
Brand wird abgeführt. Die Waffe bekommt er nicht wieder, ebenso wenig das Handy und seinen Ausweis. Kein Problem. Brand hatte damit gerechnet. Er wird zur Tür eskortiert und dann die Gangway zum Quai heruntergeschubst. Was ihn dazu verleitet, reflexartig einen der Männer mit einem Wurfgriff ins Wasser zu expedieren, während er einen anderen auf die Gangway legt. Dann hebt er die Hand und gibt dem Dritten, der gerade seine Waffe zieht, zu verstehen, dass er nicht weiterkämpfen will. „Unglücklicherweise habe ich vergessen, meinen Martini zu bezahlen.“ Aus seiner Hosentasche zieht er einen größeren Geldschein und hält ihn dem Gorilla mit der Pistole entgegen.
In vollendetem britischen Stil bittet er ihn: „ Sir, es war die Bar Nr.3, würden sie freundlicherweise die Rechnung für mich erledigen?“
Brand schmunzelt vor sich hin. Er hatte Wu sozusagen auf seinem Örtchen besucht, wo er sein großes Geschäft erledigt.
Eine offizielle Verhaftung des MI6-Agenten hätte Wu nicht riskiert, zumindest nicht hier, auf seinem Schiff, außerhalb seines offiziellen Aufgabenbereiches. Wer hätte Brand auch verhaften sollen? Wu´s Männer auf dem Schiff sind ausschließlich Kriminelle. Brand wird nicht festgesetzt. Er kann einfach davon gehen und niemand hält ihn auf.
Er ist sich sicher, dass Wu mit dem Mord an Godfrey zu tun hat. Wie genau der Chef der Geheimpolizei in der Sache drinhängt, wird Brand noch herausfinden. Entscheidend ist, dass er das Spiel eröffnet hat. Wu wird den nächsten Zug schon machen.
Im Hotel angekommen, packt Brand seine Sachen. Er holt sein aktuelles Smartphone aus dem Zimmersafe und sieht die Botschaft von 00F. „Das Paket ist unterwegs nach London“. „Sehr gut“, murmelt er zufrieden, während er die Botschaft löscht, genau dahin fliegt er jetzt auch.
Auf dem Weg zum Flughafen, grübelt er darüber nach, ob Wu es riskieren würde, ihn, einen bekannten MI6 Agenten, am Flughafen offiziell festsetzen zu lassen. Wenn ja, wäre das ein untrügliches Indiz dafür, dass die Geheimpolizei einen behördlichen, wenn auch verdeckten Auftrag aus Peking in dieser Virus-Affäre hat. Ansonsten würde Wu von Brand tunlichst die Finger lassen, um sich keine unnötigen Probleme einzuhandeln.
Tatsächlich kommt Brand ungehindert durch die Passkontrolle und besteigt sein Flugzeug nach London. Wu scheint noch zu überlegen.
Fortsetzung folgt
Hintergrund: Fiktion und Realität
Labor in Wuhan
Die plötzliche Umstrukturierung des virologischen P4 Labors am Stadtrand von Wuhan ist nur ein Eingriff unter vielen gewesen, die chinesische Behörden, in dem 2015 neu hergestellten Labor vorgenommen haben.
Ursprünglich als Kooperation französischer und chinesischer Wissenschaftler gedacht, war das Labor ein weiterer, erhoffter Meilenstein der chinesisch französischen Zusammenarbeit. Die Creme der französischen Exportunternehmen befindet sich bereits in der Millionenstadt. Darunter L’Oréal, Peugeot, Renault, Schneider und Pernod-Ricard. Das Labor sollte die chinesisch-französische Zusammenarbeit noch ergänzen. Dafür lieferte Frankreich die Sicherheitstechnologie, die den hohen Standard überhaupt erst ermöglichte. Weltweit gibt es keine dreißig Labore mit dem P4-Standard.
Was dann passierte, ärgerte die Franzosen massiv. Die gemeinsame wissenschaftliche Leitung wurde von den Chinesen ausgehebelt, so dass sich die Franzosen letztlich aus dem Labor zurückzogen. Der Prozess der allmählichen Abschottung des Labors gegenüber der wissenschaftlichen Weltöffentlichkeit betraf allerdings auch die Amerikaner und schließlich die WHO.
Zuletzt wurde dies im vorläufigen Abschlussbericht der WHO zum Ursprung des Virus dokumentiert, anlässlich dessen internationale Wissenschaftler massiv bemängelten, dass sie eine ganze Reihe von wichtigen Forschungsdaten in Wuhan nicht zu sehen bekamen und dass die Transparenz des Berichtes darunter erheblich gelitten habe. Dennoch ist die WHO zur Einschätzung gekommen, dass das Virus von der Fledermaus über einen unbekannten Zwischenwirt auf den Menschen übergegangen sei. Ein Entweichen des Virus aus dem Labor in Wuhan sei „sehr unwahrscheinlich“.
Der renommierte amerikanische Virologe, Redfield, der ehemals die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC leitete, war nicht in dem Untersuchungsteam der WHO, bezieht aber eindeutig Stellung, dass das Virus eben doch aus dem Labor in Wuhan kommen müsse. Das Virus mit seinen Eigenschaften, mache, biologisch gesehen, keinen Sinn. Viele Fragen bleiben offen. Das Labor aber ist unzugänglich geworden, obwohl dort noch geforscht wird. Die chinesische Firma Sinopharm hat ihren Impfstoff in Zusammenarbeit mit Wuhan entwickelt. Die Methoden der Entwicklung werden an späterer Stelle nochmal besprochen.
Insgesamt entsteht der Eindruck, auch bei französischen Politikern, die die Partnerschaft für den Aufbau dieses Labors, seit Jaques Chirac gefördert haben, ob die Chinesen nicht in Wirklichkeit von Anfang an den Plan hatten, die Sicherheitstechnologie für das Labor von den Franzosen zu bekommen und sie dann aus der Zusammenarbeit heraus zu komplimentieren. Interessanterweise gibt es seit Abgang der Franzosen aus Wuhan auch die Gerüchte, dass das Labor eine Abteilung für militärische Zwecke eingerichtet hat, also seit 2017.
Allerdings waren die Chinesen so gründlich, dass sie inzwischen auch alle Forschungsarbeiten, die in Richtung gefährliche Virusforschung gingen, vom Server der National Natural Science Foundation of China (NSFC) genommen haben. Einen wesentlichen Anteil an diesen Arbeiten hatte die renommierte Virologin, Shi Zhengli, in der Wissenschaftswelt auch als Batwoman bekannt, weil sie nachwies, dass Sars-Viren von Fledermäusen kommen.
Shi Zhengli und Chi (aus der Geschichte)
Die Wissenschaftlerin Shi Zhengli, die immer vehement den Verdacht bestritten hat, dass Cov-Sars 2 ein Produkt der „Gain of Function-Forschung“ in Wuhan sei, wo sie selber forscht, hat mit der fiktiven Person von Chi (ein Fanatiker, der auch bewusst gefährliche Viren auf die Welt losgelassen hat) nichts zu tun.
Sie wird trotzdem vom amerikanischen State-Department verdächtigt, nicht die Wahrheit zu sagen und die wahren Risiken und Ausmaße ihrer Forschung zu vertuschen. Eine Veröffentlichung an der sie beteiligt war, hat sogar ein künstlich kombiniertes Virus mit hoher Pathogenität für die menschliche Lunge zum Gegenstand. Immer wieder wird auf eine militärische Kooperation ihrer Arbeitsgruppe im Jahre 2017 hingewiesen, an der auch Shi-Zhengli beteiligt gewesen sein musste.
Was dagegen spricht ist, dass China als Unterzeichnerstaat der Biowaffenkonvention, wohl kaum in der Lage ist, ein Virus zu züchten, das nur „Nicht-Chinesen“ angreift. Sehr viel wahrscheinlicher wird die biologische Kriegsführung in Richtung von molekularen „Nanomaschinen und Robotern“ entwickelt, die in Zukunft ähnliche Wirkungen und Verbreitungsmuster aufweisen können, wie Viren und Bakterien, aber als Maschinen kontrollierbar bleiben und vor allem keine Mutationen entwickeln. Hier liegt ganz sicher ein Schwerpunkt nicht nur der amerikanischen militärischen Forschung, sondern auch der chinesischen.
Insofern geht die Geschichte ein bisschen an der Realität vorbei. Ein rationales Kampfmittel im Krieg können Viren sicher nicht sein. Jedoch auch nicht im Frieden?
China hat die Pandemie so ziemlich als erstes Land in den Griff bekommen und setzt extrem repressive Mittel ein, um weitere Infektionsherde schnell zu „löschen“. Außerdem hat es als einziges Land der Erde gleich drei verschiedene Impfstoffe entwickelt, die nun zugelassen werden. Es geht also sowohl was die Verbreitung, als auch die Bekämpfung des Virus angeht, global in Führung.
Wie wir aktuell sehen, sind radikale chinesische Methoden überall auf der Welt in Gebrauch, auch in Europa, wo das Virus mit quasi diktatorischen Mitteln bekämpft wird, die massiv in die Menschenrechte eingreifen. Mit dem Virus kam eben auch die chinesische Unfreiheit in die Welt. Von Peking gewollt oder nicht?
Dabei demonstriert China gleichzeitig seine wissenschaftliche Dominanz auf dem Gebiet und die schnelle Anpassung seiner pharmazeutischen Industrie.
Kurz, das Land führt uns eine vermeintliche Welt-Führung in diesem Bereich vor. Seltsame Abhängigkeiten zwischen der Führung der WHO und Peking kommen hinzu, die teilweise auch in finanzieller Unterstützung bestehen. Allerdings ist auch der Chef der WHO, ein Äthiopier und ehemaliger Minister, Tedros Adhanom Ghebreyesus, nicht ganz frei von einem „chinesischen Korruptionsverdacht“.
Ob tatsächlich chinesisches Dominanzstreben auf dem Gesundheitsmarkt so weit gehen kann, dass China die Welt mit einer viralen Katastrophe überzieht, ist nicht geklärt. In der Geschichte ist es so, in der Realität hingegen scheint es tatsächlich möglich zu sein.
Mae-Chen und Chen-Wei
Die Wissenschaftlerin Mae-Chen ist der realen Person Chen Wei nachempfunden, wenn auch nicht identisch. Beide sind in der Volksbefreiungsarmee mit einem hohen Rang (Generalmajor) versehen und haben politische Aufgaben. Chen-Wei ist Spezialistin für Biowaffenforschung im Bereich Virologie. Interessanterweise hat sie als Leiterin einer Arbeitsgruppe an der Entwicklung eines Phase-1-Impfstoffes gegen Cov-Sars 2 mitgewirkt. Sie hat sich dabei das Vakzin noch vor Tierversuchen selbst gespritzt. Im August 2020 bekam sie dafür die Auszeichnung „Held des Volkes“ verliehen.
Im Februar 2020 übernahm sie eine Leitungsposition im Wuhan Labor, von der allerdings nichts Näheres bekannt ist. Die leitenden Wissenschaftler sind scheinbar im Amt geblieben. Die Abordnung eines hohen Militärs in das Labor hat allerdings diverse Spekulationen über eine mögliche Biowaffenforschung in Wuhan angeheizt.
Fazit:
In Bezug auf das P4 Labor in Wuhan gibt es derart viele Unstimmigkeiten, Verschleierungsmanöver, Schließungen und Öffnungen und Umbesetzungen, dass hier tatsächlich ein Objekt ersten Ranges für eine Investigation mit geheimdienstlichen Mitteln vorliegt. Das Dumme ist nur, dass die Öffentlichkeit von den Ergebnissen nichts erfährt.
Es gibt auch einige Ansätze dafür, zu überlegen, ob die EU überhaupt ein Interesse daran haben kann, dieses „französische Labor“ offen zu legen. Frankreich und Macron dürften keinerlei Interesse an einer Störung mit den Chinesen haben, und die deutsche Bundesregierung? Wohl auch nicht. Die wirtschaftlichen Interessen sind viel zu ausgeprägt, um China wirklich zur Rede zu stellen! Mit diesem Gedanken hatte die Figur in der Geschichte, Chi, vollkommen Recht. Der chinesische Markt mit einer Milliarde Menschen, verbietet das einfach. Im Ministerium für Staatssicherheit hatte dieses Argument, das der Figur Chi in den Sinn kam, allerdings kein Gehör gefunden. Chi wurde liquidiert, bevor er sich verteidigen konnte.
Ein weiterer Punkt ist zumindest zu diskutieren. Am Anfang der Pandemie kamen auch von Seiten der WHO öffentliche Warnungen, dass es die Welt jederzeit mit einem biologischen Angriff zu tun bekommen könne. Es sei also wichtig, Pandemiepläne zu trimmen und auf ihre Umsetzung hin zu prüfen. Seitdem reagieren zumindest die meisten europäischen Regierungen so, als hätten wir es mit einem dauerhaften biologischen Angriff auf unsere Länder zu tun, als befänden wir uns im Krieg.
Unsere Verfassungen sind derzeit keinen Pfifferling mehr wert.
Die Frage, ob die oft überschießenden Maßnahmen der Regierungen gegen das Virus etwas damit zu tun haben, dass sie in dieser Hinsicht mehr Geheimdienstinformationen haben, als die Öffentlichkeit, ist unklar. Es kann sehr wohl sein, dass sie davon ausgehen, dass dieses Cov-Sars 2 Virus mit seinen diversen Mutationen bereits eine Biowaffe darstellt, die entweder versehentlich in China freigesetzt wurde oder gar bewusst gegen die Welt eingesetzt wird.
Eine solche Information würde keine Regierung der Welt an die Öffentlichkeit geben, da dies zu schwersten internationalen Verwerfungen mit entsprechender Kriegsgefahr führen würde. So übernehmen viele Regierungen vielleicht lieber die diktatorischen Methoden Chinas, als das Land wegen der Pandemie an den Pranger zu stellen. Man versucht das chinesische Virus mit chinesischen Methoden zu schlagen, auf Kosten der jeweiligen Landesbevölkerungen. Ein gefährliches Spiel für die Demokratie, das durchaus tieferliegende Gründe haben mag.
Gao ist Guo Wengui
Der Milliardär Gao, über den sich Mae-Cheng in der Geschichte aufregt, ist der Person des chinesischen Milliardärs Guo Wengui nachempfunden. Dieser machte sein Vermögen mit Immobilien und wurde schließlich von der chinesischen Justiz wegen Korruption und verschiedener anderer Verbrechen verfolgt.
Seit 2017 lebt er in New York in seinem selbstgewählten Exil. Er hatte enge Kontakte zur Administration Trump und Auslieferungsersuchen der chinesischen Regierung wurden abgelehnt. Dies dürfte wohl auch an der fehlenden Erwartung eines rechtsstaatlichen Verfahrens für den Milliardär gelegen haben. Allerdings dürften seine Kontakte zu Steve Bannon, dem damaligen Berater von Trump, ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Derzeit unterhält Guo eine Mini-NGO mit dem Namen „Rule of Law Society“ mit der er quasi Milliardäre und andere wichtige chinesische Persönlichkeiten auf der Flucht unterstützt. Auch die Wissenschaftlerin, die die Herkunft des Cov-Sars 2 Virus aus einem Labor behauptet hat und die nun in den USA untergetaucht ist, bekam von ihm Unterstützung. Guo soll auch schon Drohbesuche der chinesischen Geheimpolizei bekommen haben, die ihm auch mit Mord gedroht haben soll.
In der Geschichte spielt Guo nur eine untergeordnete Rolle, auch deshalb, weil seine Angaben in der Realität oft nicht sicher zu überprüfen sind. Er stellt umfangreiche Korruptionsvorwürfe bis hinauf zum chinesischen Präsidenten in den Raum und macht darauf aufmerksam, dass tausende wichtige Persönlichkeiten in den letzten Jahren in China verschwunden seien. Guo legt nahe, dass die Reichen in China jederzeit vom kommunistischen Regime ausgeschaltet werden können, was auch oft genug passiere. Er selbst sei 2015 ebenfalls verschleppt und gefoltert worden.
Gao ist letztlich ein Beispiel dafür, wie ungeheuer korrupt das chinesische System ist, wenn er es dem Regime nützt und wie gnadenlos dann Unternehmensinhaber verfolgt werden, wenn sie das Regime nicht mehr hinreichend stützen. Vergleichbar ist das wohl am ehesten mit Putins Russland.F
Man muss davon ausgehen, dass die gesamte Technologie-Branche in China, auch die Biotechnologie mit ihren militärischen Implikationen unter der Kontrolle der Kommunistischen Partei Chinas sind. Entwicklungsaufgaben für das Militär können sich die Unternehmen wohl kaum entziehen. Die großen technologischen Fortschritte Chinas, von denen die Biotechnologie nur ein Bereich darstellt, sind zwar ein Ergebnis der kapitalistischen Wirtschaft, können aber von der kommunistischen Diktatur jederzeit gegen die Welt eingesetzt werden.
Kapitel 3
Nach der Landung des British-Airways Fluges in London Heathrow, bleibt Brand noch eine Weile sitzen und wartet ab, bis auch der letzte Passagier das Flugzeug verlassen hat. Die Schutzmaske vom FFP2-Standard mit chinesischer Aufschrift, behält er auf. Der Kapitän, John Miles, kommt aus dem Cockpit und strahlt ihn an. „Mr. Brand“ ich habe Sie erkannt, wir hatten einmal das Vergnügen, bei der RAF zusammen zu fliegen. Erinnern Sie sich?“
Brand schaut den sympathischen Spätfünfziger der immer noch einen blonden Lockenkopf besitzt, genau an. Dann dämmert es ihm.
„John“, ruft er aus, „sie waren doch der, der die verdammte Lockheed geflogen ist! Mussten Sie nicht sogar einmal aussteigen?“
„Genau Mark“, erwidert John, „ der Übungsflug war mein Schlimmster mit diesem Monster. Seither bin ich besseres geflogen.“
„Wie man sieht“, lächelt Brand, der seine Maske nun abgenommen hat.
„Kommen Sie ins Cockpit, Mark“, fordert Miles seinen alten Fliegerkameraden auf, „mein Copilot ist schon draußen. Wir nehmen jetzt einen Drink!“
Brand lässt sich in den Copiloten-Sitz gleiten und bekommt dafür ein Gläschen Whisky von John. Die beiden Männer mögen sich auf Anhieb, ihre alte Bewunderung für einander lebt wieder auf. Zwanglos duzen sie sich.
„Fliegst Du noch privat?“ fragt Brand.
„Sagt Dir XB-1 etwas“, fragt Miles zurück.
Brand hebt die Augenbrauen und ein leichtes Leuchten erscheint in seinen blauen Augen.
„Überschall Prototyp, Mach 2, soll einmal sechzig bis siebzig Passagiere über den Atlantik bringen.“
„Genau“, bestätigt Miles, „ich teste gerade den Prototypen“.
„Aber der fliegt doch noch gar nicht“, wendet Brand ein, so als hätte ihn sein Gegenüber auf den Arm genommen.
„Oh, dann weiß der Secret-Service wohl auch nicht alles“, grinst John.
„Würde ich gern mal sehen“, gibt Mark zurück.
John trinkt den letzten Schluck aus dem kleinen Glas und sagt plötzlich.
„Kannst Du. Komm morgen früh zum General Aviation-Terminal von London City. Vieruhrdreißig!“
Erstaunt stellt Brand sein Glas ab.
„London City ist geschlossen. Ihr habt wohl den Schlüssel?“
„Right“, antwortet John Miles, „der Flughafen geht für Business-Jets, der Tower arbeitet noch. Deshalb eignet er sich zurzeit für Testflüge. Ich würde Dir das Baby wirklich gerne zeigen“, sagt Miles in deutlich gehobener Stimmung.
Brand will sich das nicht entgehen lassen. „OK“, ruft er, „ich bin dabei!“
Im Hauptquartier ist dicke Luft.
Der MI6 bekommt Druck von der Regierung, den „chinesischen Verdacht“ möglichst diskret zu ermitteln. Es gab Ärger wegen Brands Auftritt in Hongkong. Chief ist sauer. Wu hat offensichtlich eine ziemlich hohe Karte spielen können, die bis in die Downig-Street geflogen ist. Jedenfalls, kam vom Premierminister eine unverhüllte Drohung, die Chinesen nicht zu verärgern. Ermittelt werden soll aber weiterhin.
Brand steht vor Chief in dem gewölbeartigen Büro, das an einen Keller erinnert, in dem alte Möbel aufbewahrt werden.
„Was“, fragt Brand, „wenn sich der chinesische Verdacht bestätigt?“
Chief beginnt hinter seinem Schreibtisch hin und her zu gehen.
„Ich frage mich das selbst und finde immer nur die eine Antwort.“
Brand schaut seinen Vorgesetzten mit der glänzenden Glatze und den buschigen Augenbrauen fragend an.
Chief seufzt, während er sich in seinen Sessel fallen lässt.
„Es wird einfach in der Schublade landen, egal, was die Chinesen sich herausgenommen haben. Niemand in Europa hat ein Interesse sich mit ihnen anzulegen.“
„Auch dann nicht“, fragt Brand in einem ungewöhnlich scharfen Ton, „wenn die Chinesen uns und die Welt mit biologischen Waffen angreifen?“
„Sogar dann nicht“, antwortet Chief deutlich, „wenn die Chinesen uns mit diesen kleinen biologischen Robotern angreifen, die wir übrigens in Ihrem Paket nachweisen konnten.“
„Bruce?“ fragt Brand.
„Molekulare Kampfmaschinen, die seinen Körper malträtieren und ein zentrales Befehlszentrum in einem Chip unter seiner Haut am Rücken haben. Da, wo er mit den Händen nicht hinkommt und es nicht spüren kann, zwischen den Schulterblättern. Nie hätte ich gedacht, dass die Chinesen so weit fortgeschritten sind“, stöhnt Chief mit gekräuselter Stirn und setzt nach. „Wissen Sie, was das bedeutet, 00Y?“
„Ja“, antwortet Brand schnell und deutlich, „China führt Krieg gegen uns.“
Chief nickt schwach.
„Dieser Krieg darf nicht an die Öffentlichkeit, obwohl er dort überall zu sehen ist, auch wenn Menschen an dem Virus sterben, was der Fall ist. Der Krieg muss im Verborgenen geführt werden. Eine offene Konfrontation mit China kann zum Kollaps der Weltwirtschaft führen. Militärisch ist diesem Land nicht beizukommen, wirtschaftlich erst recht nicht.“
„Aber Peking wird doch schon wegen der Uiguren sanktioniert“ entgegnet Brand.
„Nadelstiche“, ruft Chief. „Die westlichen Staatschefs sind sich einig, mit Ausnahme der Amerikaner. Wir verteidigen uns still gegen das Virus und auch gegen die Nanobots, wenn diese tatsächlich im größeren Umfang zum Einsatz kommen und werden Peking nicht offen zur Rede stellen.“
“A silenced world, controlled by Beijing”, denkt Brand für sich. Er hatte diesen Satz kürzlich in einer amerikanischen Analyse gelesen.
Chief wirkt nun entschlossen.
„Aber wir müssen alles über dieses Programm erfahren, das die Chinesen auf uns losgelassen haben. Die Entwicklung, die Logistik und die Leute, die dahinter stehen. Alles.“
Brand versteht sofort. Ab jetzt hat der „chinesische Verdacht“ oberste Priorität.
„00Y“, sagt Chief nun in einem offiziellen Ton. „Es gibt einen Uiguren, den 00M als Kontaktperson in Chinatown aufgetrieben hat. Er behauptet, Beweise zu haben, dass sein Volk in den Umerziehungslagern bewusst infiziert und geimpft wird. Wir vermuten jetzt, dass auch dort Naniten eingesetzt und erprobt werden. Suchen Sie den Mann auf und sehen Sie zu, was sie noch herausfinden können.“
„Was ist mit Klixfield“, fragt Brand.
„Hat sich bisher nicht geregt“, antwortet Chief „aber es kann nicht schaden, wenn wir ihn observieren. Seine Tochter ist weiterhin vermisst. Ihre Leiche wurde bisher nicht gefunden.“
Brand denkt in diesem Augenblick an die Vereinbarung, die er vor einigen Tagen mit Tia-Nam getroffen hat. Sie ist seine gezinkte Karte, die er auch gegenüber dem MI6 im Ärmel behalten will und hält sich an einem unbekannten Ort auf. Brand kann sie jederzeit kontaktieren. Der Agent des britischen Secret-Service ist sich seit dem Mord an Godfrey nicht mehr sicher, dass sein Dienst tatsächlich dicht hält. Es sieht sehr nach einer undichten Stelle aus. Brand hat beschlossen äußerst vorsichtig zu sein.
„Ich werde mit 00M Kontakt aufnehmen und über Klixfield und den Uiguren mit ihr reden.“
„Einverstanden“, antwortet Chief umstandslos. „Das war´s 00Y.“
Brand verlässt das Büro.
Fortsetzung folgt
Hintergrund – Fiktion und Realität
Die Uiguren und die chinesische Impfstoffentwicklung
Es wird geschätzt, dass mindestens eine Millionen Uiguren in chinesischen „Umerziehungslagern“ festgehalten werden. Die muslimische Minderheit befindet sich in Opposition zu Peking, weil sie ihrer eigenen kulturellen und religiösen Prägung folgen will. Das verbietet Peking.
Die chinesische Regierung befindet sich daher im Fokus der internationalen Menschenrechtsorganisationen. Auch Regierungen, die intensive Wirtschaftsbeziehungen zu China haben, kommen daran nicht mehr vorbei. Der Druck wächst.
Währenddessen häufen sich Berichte, dass in der Region Xinjiang, Uiguren, angeblich absichtlich, mit Cov-Sars 2 infiziert werden. Sie dienen unfreiwillig als Versuchspersonen für die Impfstoffentwicklung. Darunter auch Kinder. Die Vorwürfe kommen vor allem von Exil-Uiguren, die von ihren Angehörigen in den Lagern informiert werden. Ein Beispiel stellt ein Chefingenieur der Nasa, Erkin Sidick, gegenüber ntv dar, der mit seiner Organisation Menschenrechtsverstöße gegen sein Volk dokumentiert. Er spricht von absichtlichen Infektionen und Zwangsimpfungen und Isolation der Menschen in den Lagern und legt zumindest plausible Indizien vor. Beispielsweise fällt auf, dass der offizielle chinesische Infektionsverlauf in den Lagern bei 20 000 Infizierten linear abbricht. Pharmafirmen brauche für ihre Studien etwa zwanzigtausend Versuchspersonen. Sidick zieht die Parallele, dass hier ein Ausbruch simuliert wurde, um einen der drei Impfstoffe zu testen. Tatsächlich wurden aus den Familien einzelne Personen, auch Kinder, herausgegriffen, isoliert und untersucht. Sie bekamen Medikamente und Spritzen, ohne, dass es Einwilligungen dafür gab. Die Menschen wurden erst wieder entlassen, wenn sie schriftlich erklärten, über die medizinischen Vorgänge zu schweigen. Genau während dieser Zeit wurde ein rigider Lockdown verhängt, den man als Lockin bezeichnen muss, weil die Bewohner ihre Häuser und Wohnungen nicht mehr verlassen durften und sich nicht mehr mit Lebensmitteln versorgen konnten.
Welcher Impfstoff auf diese Weise entwickelt wurde, ist unbekannt. Es könnte sich um Sinuvac oder um Sinopharm gehandelt haben. Letztere wurde allerdings mit dem, unter Militäraufsicht stehenden, Institut für Virologie in Wuhan zusammen entwickelt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Chinesen in Wuhan nicht genug Versuchspersonen für eine klinische Phase-3 Studie bekommen hätten. Allerdings gibt Sinopharm genau 20 000 Personen für eben diese Studie an. Die Sache bleibt nebulös, zumal es eine Reihe weiterer Vorwürfe wegen schweren Menschenrechtsverstößen in Xinjang gibt. Das geht bis zu Zwangssterilisationen und erzwungenen Abtreibungen in den Lagern, die man wohl als Konzentrationslager bezeichnen muss.
Die Vorstellung, dass das chinesische Militär bei dieser Gelegenheit Nanobots, also biologische Maschinen auf molekularer Ebene bei den Uiguren getestet haben könnte, ist allerdings reine Fiktion und derzeit durch nichts anderes gestützt, als die naheliegende und vollkommene Skrupellosigkeit der chinesischen Behörden und des Militärs. Das reicht aber für eine solche Behauptung natürlich nicht aus.
Pikant ist, das deutsche Technologieunternehmen wie Siemens in der Region, in der sich auch die Konzentrationslager befinden, mit der chinesischen Rüstungsindustrie im Bereich Überwachungstechnologie, zusammenarbeitet. Es steht die Behauptung im Raum, dass Siemens sich auch an einer App des militärischen Produzenten „China Electronics Technology Group Corporation“ (CETC) beteiligt habe, welche zur Überwachung der Uiguren eingesetzt wird.
Siemens gibt dagegen an, für CETC nur Fertigungslösungen zu entwickeln. Tatsächlich wirkt das aber wenig relevant, weil CETC bereits wegen weltweit eingesetzter Überwachungstechnologie (darunter intelligente Gesichter-Erkennung, Spionage-Software) von den USA sanktioniert wird. Außerdem forscht und produziert CETC über Drohnenschwärme, die komplexe Überwachungsfunktionen für das Militär und Behörden übernehmen können und möglichst klein sein sollen (beispielsweise so groß, dass man sie mit Insekten verwechseln kann, was die USA auch tun). Auch hier dürfte der deutsche Technologiekonzern ein geeigneter Partner sein.
Das alles reicht nicht aus, um zu unterstellen, dass China mit deutscher Hilfe Nanobots entwickelt, die dann auch gegen missliebige Minderheiten, politische Oppositionelle und vielleicht auch gegen andere Länder eingesetzt werden. Aber die existierenden Kooperationen, auch mit französischen und englischen Unternehmen, sind teilweise dafür geeignet.
Diese Situation stützt die Aussagen von Brands Vorgesetzten Chief, in der Geschichte, dass keine europäische Regierung ein Interesse daran hat den „chinesischen Verdacht“, der ja einen biologisch-technologischen kriegerischen Angriff auf die Welt und insbesondere Europa meint, offen anzusprechen. Nicht einmal dann, wenn er sich erhärten ließe. Vor China knickt zurzeit ganz Europa ein und das hat etwas mit dem hohen Engagement europäischer Firmen in dem Land und umgekehrt, chinesischer Firmen in der EU zu tun.
Dies bedeutet auch, dass der „chinesische Verdacht“ in der europäischen Öffentlichkeit wohl auch dann nicht geäußert würde, wenn belastbare Geheimdienstinformationen über einen solchen Angriff vorliegen würden. Man würde versuchen, den Angriff als Naturkatastrophe darzustellen und so gut es geht zu bewältigen. Zumal China bei dieser Deutung den europäischen Regierungen beipflichten würde, während es eigentlich Krieg gegen sie führt.
“A silenced World controlled by Beijing”
Das Zitat stammt nicht aus einem amerikanischen Bericht, sondern vom estnischen Geheimdienst, Välisluureamet. China hat bereits offiziell protestiert und eine Änderung des Geheimdienstberichtes gefordert.
Sinngemäß werden die chinesischen Taktiken beschrieben, Kontrolle über andere Länder zu bekommen, um sie dann unter Druck setzen zu können.
“The coronavirus crisis offered new opportunities for authoritarian regimes to exert influence. In a time of universal maskwearing some masks also fell off.”
Ganz besonders scheint das für das außenpolitische Konzept Chinas zu gelten, das auf eine „Schicksalsgemeinschaft der Welt“ a „community of common destiny“ pocht, aber damit vor allem eigene hegemoniale Interessen meint, die es zunehmend aggressiv verfolgt.
Gleichzeitig versucht China der Welt eine eigene Umdeutung von Menschenrechten aufzudrängen, in deren Mittelpunkt nicht mehr die freie Entfaltungsmöglichkeit des Individuums, sondern lediglich ein Recht auf wirtschaftliche Prosperität und Sicherheit stehen, für das eine Aufgabe von Freiheit in Kauf genommen werden muss. Es ist die chinesische Vorstellung einer kontrollierten Sicherheitswelt.
Das „chinesische Virus“ wirkt hier fast wie ein Instrument, diese Weltsicht durchzusetzen. Denn es fordert massive freiheitsbeschränkende Maßnahmen von allen betroffenen Ländern und rückt die Sicherheit einer tatsächlichen „community of common destiny“, angesichts der Pandemie, ganz in den Vordergrund. Menschenrechte, im westlichen Verständnis von Humanität, spielen nur noch eine untergeordnete Rolle.
Der Geheimdienstbericht schreibt hierzu:
“Simultaneously in China, the media, heavily controlled by the Communist Party, was actively defaming, demonising and ridiculing Western democracy, saying that only an authoritarian system like China could successfully defeat the virus.”
Wenn diese Strategie verfängt, westliche Demokratien für unfähig zu erklären, die Bedrohung abzuwehren, was laut chinesischen Medien für den autoritären chinesischen Überwachungsstaat spräche, hat Peking tatsächlich gewonnen.
Das Resultat ist dann tatsächlich eine schweigende Welt, die von Peking kontrolliert wird, wie es im Augenblick den Anschein hat. Denn das totalitäre chinesische Denken hat sich in den letzten Monaten rasend schnell um die Welt bewegt und bestimmt die (Krisen-)Politik in vielen Ländern.
Die beklemmende Frage, ob dieses Virus absichtlich von China in die Welt gesetzt wurde, welche die WHO auch in ihrem Bericht über die Herkunft von Cov Sars 2 gar nicht ernsthaft erwägen wollte, sollte also ernsthaft untersucht werden. Denn wenn sich dies bestätigt, wäre das ein chinesischer „Angriff auf die Welt“ und würde zu einer kompletten Neubewertung dieser „größten Diktatur der Erde“ führen müssen.
XB 1
Beim XB1 handelt es sich um ein privat entwickeltes Überschall-Passagierflugzeug, das aber derzeit nur in einem Prototypen besteht, der noch nicht fliegt. Somit ist der Testflug eine Fiktion und der Testpilot, John Miles, ebenfalls.
London City Airport
Wegen der Pandemie und den Einbrüchen im Flugverkehr ist der London City Airport seit 2020 geschlossen. Testflüge finden dort nicht statt oder sind zumindest nicht bekannt.
Golf R
Der Golf R ist natürlich keine Fiktion, den gibt es wirklich. Ich erwähne das Fahrzeug explizit nicht deshalb, weil ich einen Werbevertrag mit Volkswagen hätte, sondern weil es der außergewöhnlichste Golf ist, der in Serie gebaut wird. Im Unterschied zum Golf GTI mit Frontantrieb, hat der R einen Allradantrieb, den man auf Drift einstellen kann. Dies bedeutet, dass die meiste Power dann auf die Hinterachse geht und der Wagen sich wie ein Hecktriebler fahren lässt. Dadurch ist er auch für effektvolle Verfolgungsjagden in einer Agentengeschichte geeignet.
Hier endet der Auszug aus der Fortsetzungsgeschichte, die inzwischen als Buch erschienen ist und über 500 Seiten (einschließlich Kommentaren) umfasst. Über den folgenden Link geht es zum Verlag und zur Online-Bestellung:
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Ich 73, habe schon viele Geschichten gelesen und diese gehört zu den Besten, da ja auch leider sehr nahe an der Wirklichkeit. Wann geht es weiter ?
Danke für das Lob. Es geht ständig weiter 🙂 Alle drei bis vier Tage lade ich ein neues Kapitel hoch! Das Ende der Geschichte ist mir aber noch nicht ganz klar. Wir werden sehen! Schöne Grüße!
Lieber Herr Paulsen,
ein sehr gelungener Versuch, Unterhaltung mit kritischer Wissenschaft zu verbinden. Was mich ins Grübeln bringt ist: letztes Jahr war in den Mainstream-Medien die Labor-These noch tabu, jetzt ist sie statthaft. Findet da psychologische Kriegsvorbereitung für einen Krieg gegen China statt?
Die offizielle Doktrin Chinas ist Atheismus, dialektischer Materialismus. Meine Einschätzung ist, dass spirituell entkernte Gesellschaften nach 3 Generationen kollabieren. Die erste Generation lebt noch nach den früheren Werten; die zweite zweifelt; die dritte ist ohne ethische Grundlage durch und durch korrupt und menschenverachtend. Die Sowjetunion hielt 74 Jahre, von 1917-1991. Die Volksrepublik China wurde 1949 ausgerufen, 1949 + 75 = 2024. Die 20-er Jahre dieses Jahrhunderts werden geopolitisch sehr spannend.
Vielen Dank! Ich weiß es nicht, mag sein, dass China mit hybriden Mitteln bekämpft werden soll. Ich kann es mir aber auch umgekehrt vorstellen, wie in dieser Geschichte, dass China längst einen unterschwelligen Krieg gegen uns führt und die westlichen Regierungen das jetzt realisieren. Vor den Zwanzigern fürchte ich mich, obwohl wir schon mitten drin sind. Der moralische Verfall ist nicht zu übersehen.
Literaturtip
Stanislaw Lem: Der Flop
ich glaube so 1984 rum