Ohne Wahrheit und Gewissen

Sönke Paulsen, Berlin

Eigentlich ist zum Fall Julian Assange alles gesagt. Alle Standpunkte sind ausgetauscht und die Medien haben einen lauen Schwenk zu Gunsten des politischen Gefangenen hinbekommen, der derzeit in einem Londoner Hochsicherheitsgefängnis verrottet. Alles ohne Anklage und ohne Prozess. Die britische Justiz will im September weiter entscheiden und lässt den Wikileaks-Gründer natürlich nicht frei.

Im Lifestyle-Kapitalismus geht es darum, möglichst gerade Hipp zu sein, so wie Georg Floyd in den USA, der davon nichts mehr hat. Die Antirasissmus-Welle läuft gerade durch die Medien und Assange ist nun mal ein weißer Australier. Leider fällt er durch das Raster.

Mit ihm fällt unsere Glaubwürdigkeit, unsere Meinungsfreiheit und unsere Demokratie. Aber wen stört das schon, außer ein paar Fans des freien Internets und der erzwungenen Transparenz von Macht. Die meisten spielen einfach mit.

Julian Assange ist unter den Augen der Medien und von den Medien schlicht und einfach zerlegt worden. Ein klassischer Fall von Demontage eines politischen Feindes. Erst wird die Person unmöglich gemacht, dann wird sie angeklagt und dann lässt man sie in irgendeinem Gefängnis sitzen, bis sie schwarz wird (klingt auch rassistisch, oder?).

So haben die Katholiken in Frankreich die Protestanten mürbe gemacht. Einige saßen bis zu vierzig Jahre im Kerker ohne ihrem Glauben abzuschwören. Marie Durand war so ein Beispiel für Unbeugsamkeit.

Unbeugsamkeit, wie geht das eigentlich?

Wenn einem die körperlichen Kräfte schwinden und die Seele sich immer mehr vom Körper trennen möchte. Wenn der Glaube an das, wofür man sitzt, der letzte Halt ist.

Was hilft in einer solchen Situation in der die Mächtigen sich Einzelne, pars pro toto, herausgreifen um sie mürbe zu machen und vor den Augen der Allgemeinheit langsam zu zerstören, damit von ihrer Idee nichts mehr übrig bleibt.

Da ja die Linken derzeit so in den Antirassismus verliebt sind, dass sie das Wort Rasse überhaupt nicht mehr hören wollen, nehmen wir doch einfach mal Nelson Mandela als Beispiel, der über Jahrzehnte in Haft saß und über Jahrzehnte von seinen Anhängern getragen wurde.

Am Ende war er Präsident.

Und Assange?

Wird wohl nicht Präsident. Weil er nicht den Schwarzen zur Macht verhelfen will, sondern nur der Wahrheit. Aber wer interessiert sich schon für die Wahrheit? So ein abstraktes Wort. Schließlich leben wir im Zeitalter der Manipulation und da ist Wahrheit wirklich ein antiquierter Begriff.

Assange hat verloren, weil die Wahrheit keine Hautfarbe hat und in der Regel auch kein Aktienpaket, die ihr Einfluss verleiht. Die Wahrheit hat nur eine einzige Stärke, dass sie die Unwahrheit, die Manipulation und die Lüge entlarven kann. Diese Stärke mögen die Wenigsten. Was auch dazu führt, dass Assange keine allzu große Anhängerschaft hat.

Auch unsere Medien haben längst begriffen, dass man mit der Wahrheit kein Geld mehr verdienen kann. Profite gibt es nur, wenn man mit den Mächtigen gemeinsame Sache macht und auf der richtigen Seite manipuliert.

Ob man die Medien deshalb schon „Lügenpresse“ schimpfen muss, sei dahingestellt. Aber verlogen ist das irgendwie schon. Die Demontage von Assange mit unlauteren Mitteln, geht jedenfalls auf das Konto unserer Leitmedien und die hätten eigentlich etwas gut zu machen.

Aber dafür braucht man ein Gewissen. Noch so ein antiquierter Begriff.

spaulsen

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