SPD: Super-Patrioten oder „fünfte Kolonne Moskaus“?

Sönke Paulsen, Berlin

Keine Panzer, keine Artillerie, kein Gas-Boykott, kein Ölboykott, kein nichts! Die SPD blockiert in der Ukraine-Hilfe alles, was derzeit wichtig wäre, um Russland nicht zu provozieren und vor allem, um den kleinsten hypothetischen Nachteil zu vermeiden.

Angesichts dieser Blockade-Politik stellt sich die Frage, ob die SPD nun eine besonders patriotische Partei ist, die jeden erdenklichen Schaden von ihrem Land abwenden möchte, oder aber als „fünfte Kolonne Moskaus“ agiert.

Diese Frage muss dringend beantwortet werden. Denn an ihr hängt die Überlegung, ob die SPD weiter an der Regierung bleiben kann.

„Ein Spinnennetz an Russland-Kontakten“, hatte der ukrainische Botschafter Frank Walter Steinmeier attestiert. Wenn man von einem ausgedehnten Netzwerk spräche, wäre das richtig.

Das war auch bekannt und kein Geheimnis. Auch in der Zeit seit der Besetzung des Donbass durch die Russen und der Krim-Annexion sind diese Kontakte nicht abgebrochen. Schließlich hatten die Deutsch-Russischen Beziehungen auch dann noch Bestand, als klar war, das Russland in eine lupenreine Diktatur abgleitet und seine Gegner mit Gift und Auftragsmördern überall in Europa verfolgte.

Dabei hatte Putin erheblichen Einfluss auf die deutsche Politik, was ehrlich gesagt nicht nur an der SPD lag. Denn auch die extremen Rechten und Linken, die AfD und die Partei die Linke waren Hätschelkinder des Kremls und wurden nach Kräften unterstützt. In der bürgerlichen Mitte nahm man es hin, weil die „Modernisierungspartnerschaft mit Russland“ von unserer Industrie in den höchsten Tönen gelobt wurde.

Es gab also jede Menge Gründe für Augenwischerei und die Putinisten in unserer Blogosphäre ließen niemanden durch, der sich offen gegen Russland wandte, befanden sich dabei auf der gleichen Linie wie die SPD-Granden, die AfD und die Linke, die als Verteidiger Putins auftraten. Dies auch zu einem Zeitpunkt, als der Putinismus schon deutlich an den Stalinismus erinnerte!

Die Zeichen der Zeit wurden also bestenfalls verschlafen, schlimmstenfalls grob fahrlässig oder gar absichtlich übersehen. Das ist kein Verbrechen und vermutlich auch keine Verschwörung, aber es ist trotzdem ein Skandal! Denn die Lügen des russischen Diktators wurden bis zum Schluss geglaubt, bis zum 24. Februar 2022, als Russland nach diversen gegenläufigen Beteuerungen, die Ukraine mit der vollen Wucht seiner bereitgestellten Truppen angriff.

Da war der Traum aus!

Was jetzt folgt, ist der typisch menschliche Separationsprozess zwischen einsichtigen Politikern und dem harten Kern der „Kader“ in der SPD, die ihre Irrtümer erfahrungsgemäß noch lange weiterverteidigen, wenn die Realität sie schon längst überrollt hat. Das ist auch typisch SPD.

Scholz kann diesen Prozess offensichtlich nicht moderieren und sieht keine andere Möglichkeit, als abzutauchen. Aber er hat ein Problem dabei. Dieser Konflikt lässt sich nicht in zwei Wochen aus der Welt schaffen.

Zynisch ausgedrückt, müsste er hoffen, dass die Ukrainer diesen Krieg in den nächsten Wochen verlieren. Denn danach könnte es wieder das bequeme Miteinander von verkappten Putinisten und westlich orientierten Sozialdemokraten geben.

Wenn der Krieg aber weiter andauert, was zu erwarten ist. Dann kann die SPD bald nicht mehr weiterregieren. Als Blockadefaktor für den Schutz von Freiheit, Demokratie und des Widerstandrechtes angegriffener Völker in Europa würde die SPD im Kanzleramt zu einem unerträglichen Menetekel.

Scholz würde wohl den Herbst nicht mehr als Kanzler erleben. Die SPD würde in der Öffentlichkeit immer mehr als „fünfte Kolonne Moskaus“ dastehen, obwohl andere, weniger mächtige Parteien dem Putinismus noch sehr viel näher stehen.  Die kleineren Koalitionspartner müssten sich zwangsläufig abwenden und die Union würde Scholz nicht mit einer erneuten großen Koalition retten.

Dann gäbe es statt Ampel wohl Jamaika.

In der gegenwärtigen Krise scheint das ohnehin die bessere Wahl zu sein.

spaulsen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.