Sönke Paulsen, Berlin
Bereits am letzten Wochenende gab es in den Niederlanden Proteste von Menschen, die den Lockdown für unverhältnismäßig und illegal hielten. Die überwiegend jungen Demonstrationsteilnehmer skandierten „Vrede, vrijheid, geen dictatuur“ (Friede, Freiheit, keine Diktatur) und „Vrijheid is erlaubt!“.
An diesem Wochenende gab es eine nochmalige Zuspitzung der Proteste, als in Amsterdam und Eindhoven Demonstrationen mit dem Einsatz von Wasserwerfern aufgelöst wurden. Es gab zahlreiche Festnahmen, wie die Polizei mitteilte. Dabei wurden unterschiedliche Gründe angegeben: Drogenbesitz, Verstoß gegen die Corona-Verordnung und Widerstand gegen die Staatsgewalt. Vorangegangen waren nächtliche Proteste in einem Dorf nördlich von Amsterdam, wo auch ein Testzentrum angegriffen wurde. Landesweit sollen heute etwa 3600 Demonstranten unterwegs gewesen sein.
In Frankreich wollen die Studenten, die von einem „Liberticide“ sprechen, auf die Straße gehen, werden allerdings von Staatspräsident Macron dringend davor gewarnt. Es wird eine harte Gangart der Polizei angekündigt. Außerdem sind für Anfang Februar Proteste und Streiks (Fernfahrer, Transportarbeiter) wegen der Corona-Auflagen angekündigt. Ähnlich wie zuvor in Tschechien, wo es ausgedehnte Proteste in Prag gab, ist dort für den 1.2.2021 auch die Eröffnung von Geschäften und Teilen der Gastronomie als Protestaktion geplant.
In Österreich gab es am letzten Wochenende größere Proteste in Wien, die einigermaßen friedlich abliefen. Kleinere Proteste, die von der Polizei aufgelöst wurden, gab es an diesem Wochenende auch in der Schweiz.
In Polen gab es eine bemerkenswert erfolgreiche Protestinitiative der Gastronomen und Hoteliers. Nachdem sie für den Beginn der letzten Woche ankündigten, auch gegen die Verordnungen der Regierung wieder zu öffnen, gab es eine öffentliche Erklärung von Premierminister Mateusz Morawiecki, dass die Regierung den Lockdown für die Branche im Februar beenden werde.
Dabei werden die Lockdown-Maßnahmen in Europa immer politischer und zugleich unwissenschaftlicher.
So hat Schweden ein Einreiseverbot für die weniger betroffenen Norweger ausgesprochen, weil dort angeblich die britische Virus-Variante verbreitet sei. Beweise gibt es keine, ähnlich dem Grenzdrama in Großbritannien, bei dem tausende von LKW-Fahrern über Weihnachten und Neujahr festsaßen, weil sie wegen der „Mutation“ nicht in die EU gelassen wurden.
Auch wenn die Bevölkerung in vielen EU-Staaten die Lockdown-Maßnahmen aus purer Angst mitträgt, werden die Maßnahmen, wissenschaftlich immer angreifbarer und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen, in ihrer ganzen Destruktivität, immer deutlicher.
Ein Dammbruch wird mit Sicherheit nicht in Deutschland beginnen, aber er kann die Lockdown-Politik in Europa beenden, wenn es zu einer europäischen Protestbewegung kommt. Erste Ansätze zeigten sich an diesem und den letzten Wochenenden und sollten weiter beobachtet werden.