Vor uns die Diktatur: Digital, biophil und gewaltlos

Sönke Paulsen, Berlin

Vor zehn Jahren diskutierten wir noch über die Finanzmarkttransaktions-Steuer. Das waren noch Zeiten. Damals diskutierten wir darüber den Kapitalismus zu begrenzen, und heute? Heute diskutieren wir darüber, die Bürger zu begrenzen. In ihrer Freizügigkeit, Meinungsfreiheit und ihrem Recht zu demonstrieren. Die Pandemie hat das möglich gemacht, aber die Entwicklung hat sich schon länger angebahnt.

Wir eilen in riesigen Schritten einer große Dystopie entgegen, der kontrollierten Gesellschaft, die alles im Griff hat und ihre Individuen trackt, überwacht, maßregelt und vor allem zu Gesundheit verpflichtet, das Klima kontrollieren kann, undisziplinierte Länder per Regime-Change übernimmt und schließlich eine digitale Weltgesellschaft anstrebt, in der es keine weißen Flecken auf der Landkarte mehr gibt.

Das ist totalitär.

Man muss sich fragen, ob solche Entwicklungen überhaupt durch eine einzelne Pandemie provoziert werden können. Ist es möglich, ohne jahrelange Vorarbeit, Menschen, aus Angst vor Infektionen, in die Unfreiheit zu zwingen? Man darf Zweifel haben.

Der Diskurs war schon seit längerem von Polarisierung, Diskreditierung von Bevölkerungsgruppen, die angeblich rückwärtsgewandt sind, Diffamierung als Nazis und Rassisten, sowie ständige propagandistische Berieselung durch Medien und Politik geprägt.

Das zahlt sich jetzt, in der Pandemie aus.

Die Menschen vergessen ihr Bedürfnis, selbst über das eigene Leben zu entscheiden, Meinungsvielfalt zu genießen und Freizügigkeit und scharen sich hinter die Regierungen, die in fast diktatorischer Manier nach gut dünken entscheiden können und sich dafür von den Parlamenten ermächtigen lassen.

Eine Corona-Diktatur, die ihr biophiles Ideal über die Freiheit stellt. Kein Mensch darf sterben, damit jemand anderes frei sein kann. Das steht nirgendwo, ist aber das Paradigma nach dem wir jederzeit eingesperrt werden können.

Die Frage ist nur, ob dieser Paradigmen-Wechsel unreflektiert Einzug in unseren Köpfen gehalten hat oder ob er tatsächlich einem gesellschaftlichen Diskurs entspringt. Denn ein solches absolutes Ideal kann tatsächlich eine Diktatur begründen.

Hinweise für den Paradigmenwechsel gibt es schon länger. Gerade in der Zivilgesellschaft, die meist linke und grüne politische Anliegen propagiert, gibt es eine Tendenz zur biophilen Absolutheit.

Im Straßenverkehr sollen, so die NGO-Linie, nicht weniger, sondern gar keine Menschen mehr sterben. Das Ziel heißt, Null Verkehrstote. Das Credo der Kanzlerin lautet übrigens, dass wir bald nicht mehr selbst fahren dürfen, sondern automatisch gefahren werden. Das sei ungefährlicher.

In der Klimafrage legen sich die Grünen auf Null-Emission und Klimaneutralität fest und sind der Meinung eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad, auf diese Weise erreichen zu können. Eine Kontrollillusion mit erheblichen Folgen für unser Leben.

Notwendige Entwicklungen werden verabsolutiert und dadurch zur Grundlage eines totalitären Denkens gemacht. Auch die Forderung, dass sich niemand wegen der Freiheit der anderen mit Corona infiziert werden darf, ist totalitär.

Liegen solche gefährlichen Diskursverschiebungen nur an der links-grünen Hegemonie, die wir dank einer hyperaktiven Zivilgesellschaft haben, oder gibt es noch andere Gründe?

Die Digitalisierung schlägt bereits lange Schatten und wird uns noch tiefer in die Unfreiheit führen, wenn wir nicht aufpassen.

Digitale Entfremdung führt in den Totalitarismus

Virtuelle Umgebungen fördern dabei absolute Positionen. Die Parallel-Gesellschaft im Netz lebt von Zeichen und Bildern, die immer mehr Anspruch auf Wirklichkeit erheben. Die totale Entfremdung nimmt ihren lauf. Während draußen in der analogen Welt, alle brav zur Arbeit gehen, ihre Kinder erziehen und sich um das Geld sorgen, findet in den sozialen Netzwerken, den Medien und im Darknet ein Kampf um die mentale Vorherrschaft statt. Einiges davon wir auf die Straße getragen und wie in einer Echokammer tausendfach verstärkt.

Das Netz ist totalitär, hier gibt es bereits eine Diktatur. Falsche Meinungen werden denunziert, Menschen werden diskreditiert, an den Pranger gestellt und mundtot gemacht. Wer sich im Netz falsch äußert, den Treffen Forderungen nach sozialer Ausgrenzung bis zum Arbeitsplatzverlust, bis zum sozialen Tod.

Die Absolutheit unseres Totalitarismus kommt aus dem Netz und vergiftet unsere Wirklichkeit.

Zugleich wird das Netz der Ort, zu dem es keine Alternative gibt, von dem niemand entrinnen kann, nicht am Arbeitsplatz, nicht in der Schule und auch nicht privat. Die Digitalisierung wird uns Arbeitsplätze kosten, von virtuellen Währungen abhängig machen und tief in unser Wohnzimmer vordringen, sich dort mit Argusaugen breit machen. Google und Facebook und in ihrem Schlepptau die Geheimdienste der Welt, werden dafür schon sorgen.

Arbeitsplätze wird es zukünftig nicht nur in der Manipulation geben. Influencer sind ja längst selbstverständlich. Es wird auch Arbeitsplätze in der Überwachung geben, wobei man die neue Überwachung Marketing nennen darf, aber auch Spionage. Die Grenzen sind fließend.

In einer solchen virtuellen Welt, die eigentlich zutiefst nekrophil ist, wird ein biophiles Ideal, das friedliche Miteinander aller (außerhalb des Netzes und der Medien) zum totalen Sehnsuchtsort und zu einem unangreifbaren Ideal.

Ideale fordern ihren Preis.

Der Preis dieses Ideals ist die Diktatur. Absolute Gewaltlosigkeit und jederzeitige Unterordnung unter die Gesundheit der Gesellschaft wird uns zu Marionetten machen. Die Fäden werden derzeit gezogen.

spaulsen

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