Sönke Paulsen, Berlin
Er sei auf einem Spaziergang gestorben, nachdem ihm plötzlich unwohl geworden sei. Die Tatsache, dass der 47-jährige in ein sibirisches Straflager verlegt wurde, hängt wohl mit der anstehenden „Putin-Wahl“ zusammen. Die Kreml-Administration fürchtet, dass das Wahlergebnis dieses Mal nicht so überzeugend ausfallen könnte, weil die Unzufriedenheit in der Bevölkerung laut Umfragen hoch ist.
Einer der nennenswerten Gegenkandidaten wäre Boris Nadeschdin (7,9%), ein Kriegsgegner mit eigener Bürgerintiative, der aber keine Zulassung zur Wahl erhalten hat. Stattdessen kann es so etwas geben, wie eine Stimmenverteilung auf die wenigen zugelassenen Kandidaten, um dem Präsidenten ein Stoppschild vor die Nase zu halten. Die Möglichkeit dass Putin die Wahl verliert, ist ausgeschlossen. Sein Stimmanteil kann praktisch nicht unter 60 Prozent sinken, dafür sorgen feste Wahlsysteme vor allem in den Provinzen, wo die Bevölkerung massiv eingeschüchtert und manipuliert wird. Putin will in Kriegszeiten die Zustimmung allerdings auf deutlich höhere Werte bringen. Er strebt mindestens 80 Prozent an.
Völlig unklar ist auch, wo die restlichen vierzig Prozent der Stimmen bleiben, weil die Gegenkandidaten jeweils nicht über 0,5 Prozent hinauskommen. Da es keine Nein-Stimmen gegen Putin gibt, ist davon auszugehen, dass die Oppositionellen dann nicht zur Wahl gehen?
Die Gegenkandidaten sind: Gennadi Sjuganow (Kommunist), Leonid Sluzki (Rechtsextremer), Michail Mischustin (Putins Ministerpräsident), Sergei Mironow (Partei Gerechtes Russland), Sergej Lawrow (Außenminister), Sergei Sobjanin (Partei Einiges Russland, Bürgermeister von Moskau), Dmitri Medwedew (Vorsitzender Einiges Russland und stellvertretender Leiter des Sicherheitsrates) Nikolai Bondarenko (Kommunistische Partei).
Man könnte allenfalls Bondarenko, vielleicht noch Mironow, der dem russischen Föderationsrat vorsteht, als halbwegs echte Oppositionelle bezeichnen, der Rest in dieser Aufzählung besteht aus Putins Fingerpuppen.
Echte Oppositionelle leben in Russland nicht lange. Das ist erneut die Botschaft, die der Tod Nawalnys aussenden soll. Vermutlich kein Zufall so kurz vor der Wahl.