Merkels Besuch in Moskau

Sönke Paulsen, Berlin

Warum nicht über Reiseerleichterungen reden?

Es wäre falsch, die Politik der Kanzlerin gegenüber Putin als erfolgreich zu bezeichnen. Die Liste der Fehler, die die Bundesregierung in Moskau in den letzten 16 Jahren gemacht hat, ist lang.

Wo Gerhard Schröder eine freundschaftliche Beziehung hinterließ, mochte Merkel nicht einsteigen und stellt die Idee der strategischen Partnerschaft in den Vordergrund, die überdeutliche Kritik an einem damals noch westlich orientierten Kreml in den Vordergrund stellte und fast demonstrativ die gegnerischen Positionen der USA gegenüber Russland betonte.

Georgien war zwar ein Fehler der Amerikaner und ein Krieg, der vom damaligen CIA-Präsidenten Saakaschwili vom Zaun gebrochen wurde, wurde aber von der deutschen Politik gedeckt und in den Medien konstant falsch dargestellt, als hätte Russland Georgien angegriffen. Es war umgekehrt.

Der Kardinalfehler war aber die Ukraine, in der die europäische Einmischung keine Grenzen kannte und völlig aus dem Ruder lief. Der Sturz von Janukowitsch 2014 war paramilitärisch flankiert von Neonazis und legitimiert von grünen und neoliberalen Abenteurern aus Deutschland und den USA. Das war ein veritabler Angriff auf die Ukraine und Russland zugleich. Putin hat von da an so agiert, als wäre auch Deutschland ein Gegner, was wir durchaus Merkel zu verdanken haben, die den Umsturz massiv unterstützt hatte.

Den Schaden hatte die Ukraine und hat ihn heute noch. Aber auch die deutsch-russischen Beziehungen sind dadurch zerbrochen und letztlich hat sich der Kreml vom Westen abgewandt.

Das Gute, das die Kanzlerin aber doch noch über sich gebracht hat, ist die Anerkennung der „alternativlosen“ Partnerschaft zwischen Deutschland und Russland.

Man kann ein Gegner Putins sein, aber man kann kein Gegner Russlands sein, wie es die USA sind.

Wenigstens das hat die Kanzlerin verstanden und zumindest durch die kompromisslose Erhaltung des Dialoges konsequent umgesetzt und den Unterschied der Beziehungen zwischen den USA und Russland und Deutschland und Russland erkannt.

Immerhin.

Natürlich gibt es keine Fortschritte mehr bei Verhandlungen. Aber es gibt Gespräche, es gibt wirtschaftliche Kooperation und es gibt ein weiterhin positives Russlandbild in Deutschland, auch wenn Putin bei uns stark gelitten hat.

Merkel stand zu lange und zu unkritisch an der Seite der USA und hatte eine Vorstellung von der EU, die sich als völlig unrealistisch erwies. Die Europäische Union kann niemals ein zweiter westlicher Block gegen Russland werden, dafür ist sie zu ostorientiert und zu zerstritten.

Der Scherbenhaufen ist nicht zu übersehen. Dennoch reist Merkel nach Moskau und zeigt damit, dass sie zumindest bereit ist, sich den Fehlern ihrer Vergangenheit zu stellen, was Anerkennung verdient.

Nur, wie soll es jetzt weitergehen?

Wenn wir in Deutschland eine Grüne Regierung bekommen sollten, dürfte zusätzlich zu den demokratischen Differenzen mit Putin, dem geostrategischen Scherbenhaufen und eine Politik der gegenseitigen Schwächung auch noch die ideologische Feindschaft hinzukommen, die so emotional wohl nur von den Grünen inszeniert werden könnte.

Es ist sehr zu hoffen, dass die Grünen in der künftigen Bundesregierung kein oder nur ein geringes Gewicht bekommen.

Denn was wünschenswert ist, sind zwar klare Forderungen, beispielsweise in Bezug auf die Ukraine, die an den Kreml gestellt werden, aber auch klare Angebote.

Ein kluger Schritt wäre es, endlich Bewegung in die Visa-Frage zu bringen und den Russen die gleichen Rechte einzuräumen, die auch die Ukrainer schon haben. Vielleicht kein visafreies Reisen, aber Visa an der Grenze und für kürzere Aufenthalte in Deutschland ohne große Hürden ausgestellt.

Warum das wichtig ist, erklärt sich schon aus der Grundannahme über die deutsch-russischen Beziehungen. Sie sind von der Mehrheit der Bevölkerung gewollt, sie entsprechen einer tiefgehenden Beziehung der beiden Völker und sie sollten, unabhängig von der jeweiligen Regierung und dem jeweiligen politischen System, als klares Zeichen einer „natürlichen“ Beziehung hochgehalten werden.

Das wäre ein Schritt, der logischerweise auf die Verpflichtung zum Gespräch, die ja eingehalten wird, als nächstes folgen müsste.

Er betrifft die beiden Völker und keine Politiker!

spaulsen

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