Die Grünen: Machtzuwachs trotz Sinkflug

Die Grünen in der Sonntagsfrage zur Bundestagswahl (Zahlen: INSA , Grafik: Gedächtnisbüro 2017)

Sönke Paulsen, Gedächtnisbüro Berlin

Man kann schon sagen, dass sie sich in Deutschland an die Macht geschlichen haben, denn ihre Umfragewerte sind schlecht, die Zeit der Grünen ist vorbei. Jetzt geht es um Machterhalt in den Bundesländern, in denen die Grünen wegen ihrer grenzenlosen Flexibilität fast überall mit in der Regierung sitzen.

Gestern erst haben sie den Bundestagsbeschluss von 2016 zu Fall gebracht, in dem die drei Maghreb-Staaten Nordafrikas, darunter das Herkunftsland des Berliner Attentäters, Tunesien, zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt wurden, um die Rückführung zehntausender, illegal eingereister Nordafrikaner dorthin zu erleichtern.

Damit wird es nun nichts, dank der Grünen, einer 7-Prozent-Partei im Sinkflug, die trotzdem der Gesellschaft weiterhin ihren Stempel aufdrücken will. Der ist im Schwerpunkt nicht mehr ökologisch, sondern globalisierungsfreundlich, multikulturell und neoliberal mit neokonservativen Elementen. Bis auf die bürgerlichen Freiheiten, mit denen es die Grünen traditionell nicht so genau nehmen, wäre es fast eine FDP für Latzhosenträger, wie gesagt, wenn.

Die Grünen haben es geschafft, in den Bundesländern und damit im Bundesrat, Zünglein an  der Waage zu werden und üben diese Macht auch reichlich aus. Außenpolitisch sind sie interventionistisch eingestellt (wir erinnern uns an die grünen Aktivisten und Spitzenpolitiker auf dem Maidan in Kiew im Jahr 2013 und 2014), strikt russlandfeindlich und transatlantisch organisiert, genau wie die FDP (auch Guido Westerwelle schämte er sich damals nicht, als noch-Außenminister einfach mal so im Dezember 2013 auf dem Maidan demonstrieren zu gehen).

Die heutige FDP unter Lindner ist hier allerdings etwas vorsichtiger geworden und versucht zumindest außenpolitisch den neoliberalen Schlamassel zu vermeiden, in den die Grünen voll hineingetreten sind. Außerdem ist Lindner eher ein Befürworter schneller Abschiebungen von Wirtschaftsflüchtlingen, auch von denen aus den Maghreb-Staaten. Die Grünen sind also eine eher linksliberale FDP, während die FDP selbst derzeit eher rechtsliberal unterwegs ist.

In der Sonntagsfrage stürzen die Grünen (linksliberal) entsprechend ab, zumindest was die Bundestagswahl angeht, und die FDP (rechtsliberal) ist eher auf dem aufsteigenden Ast.

Dennoch sitzen Grüne in folgenden Ländern in den Landesregierungen. BW mit der CDU, Berlin mit den Linken und der SPD, Bremen und Hamburg jeweils mit der SPD, in Hessen mit der CDU, in Niedersachsen mit der SPD, gleichwohl in NRW, RP wo neben der SPD auch die FDP mitwirkt, Sachsen-Anhalt in einer Mega-Koalition und Thüringen zusammen mit den Linken und der SPD schließlich in Schleswig-Holstein mit der SPD und dem SSW. Eigentlich sind sie nur in Sachsen, im Saarland, in MV, Brandenburg und Bayern nicht mit dabei.

Das bedingt, dass die Grünen derzeit eine ganz unverhältnismäßige Macht in Deutschland haben, welche ihren tatsächlichen Stimmenanteilen auf Bundes- und Landesebene kaum entspricht. Ein klassischer Fall von Machterschleichung durch geschickte Taktik. Auch wenn die Grünen bei der Bundestagswahl an der fünf-Prozent-Hürde scheitern würden, wären sich noch mindestens eine ganze Legislaturperiode durch die Beteiligung in den Länderparlamenten äußerst mächtig und weiterhin in der Lage den Deutschen ihre Politik aufzudrücken.

Wir müssen also weiterhin mit den Grünen rechnen, auch wenn sie kaum noch jemand wählt. In der Sonntagsfrage zu den Bundestagswahlen haben sich die Grünen von 13% im Sommer 2016 auf 7% im März 2017 fast halbiert (Forschungsgruppe Wahlen), bei den anderen Instituten sieht es ähnlich aus. Bei Insa ist es sogar mehr als eine Halbierung von 14% im Frühjahr 2016 auf 6,5% im März 2017. Wenn man die Kurve weiterdenkt, fliegn die Grünen im Herbst aus dem Bundestag heraus.

Ein Glück, aber noch ist der grüne Horror nicht vorbei, auch wenn diese Kriegspartei mit transatlantischem Einschlag irgendwo zwischen Amerika und Europa im Atlantik versinkt, hält sie sich in der deutschen Provinz noch hartnäckig. Kommunal sind die Grünen fast noch stärker, als auf Landesebene. Die Graswurzeln wachsen eben weiter, auch dann, wenn der Kopf schon etwas faulig aussieht.

Beim Bundestagswahlkampf wollen die Grünen nun ganz auf Ökologie setzen. Müssen sie auch, um wenigstens ihre Kernwählerschaft noch zu mobilisieren, wenn sich alle anderen angewidert agbewendet haben.

spaulsen

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